Später Zuckerguß
Die Wiedervereinigung von Tears For Fears sprang langsam an, aber jetzt kommt doch noch das Happy End
So mühsam hatte sich das nicht einmal Roland Orzabal vorgestellt, und der ist kein Optimist. Schon Anfang 2004 war das Album der wiedervereinigten Tears For Fears fertig, dann wurde die Veröffentlichung verschoben und verschoben, schließlich gekippt Nun erscheint „Everybody Loves A Happy Ending“ bei einer ganz anderen Firma. Die Zusammenführung der einstigen Streithähne Orzabal und Curt Smith wirkt dagegen wie ein Kinderspiel.
Schon 1999 fingen sie an, wieder miteinander zu reden, erzählt Orzabal, „aber wir mußten erst mal schauen, wie wir zurechtkommen. Wir sind ja ganz andere Menschen als die Kids zu Zeiten von ,Shout‘. Wir haben Frauen und Kinder – und das macht alles leichter. Man ist entspannter“ Mit dem Songschreiben klappte es dann auch. Orzabal wähnte beim Komponieren der „glücklichen Songs“ einen prominenten Kollegen an seiner Seite: „Wenn mir gerade keine Melodie einfiel, dachte ich immer an Paul McCartney. Sein Geist schwebte praktisch im Studio. Nicht daß er tot wäre! Nein, nein. Er hatte auf diesem Albumcover vielleicht keine Schuhe an, aber er ist nicht tot! Jedenfalls: Als wir damals ,Sowing The 5eeds’rausbrachten, sagten alle, es klänge nach den Beatles, aber das war Lennon. Jetzt scherze ich immer: McCartney is the new Lennon.“ Wundern Sie sich nicht, wenn sie Stücke wie „Who Killed Tangerine?“ nicht gleich verstehen. Orzabal ist ein komischer Kauz, er macht gern abstruse Witze – und so ähnlich geht er auch an Songs heran. „Ich liebe Wortspiele, Metaphern, Vergleiche – Poesie eben. Oder Kreuzworträtsel.“
Ob andere nun immer etwas damit anfangen können, ist ihm recht egal. Er freut sich darüber, daß er heutzutage solch leichte Lieder schreiben kann, die ohne Weltschmerz auskommen: „Traurige Songs gehen viel einfacher, Fröhliches komponieren ist dagegen richtig schwer – wenn man nicht seicht werden will. Das wäre dann auch einfach, und man würde vielleicht auch viel verkaufen, aber vielleicht wäre man dann noch viel unzufriedener als vorher. Vielleicht!“ Er lacht.
Was Erfolg betrifft, macht sich Orzabal, der solo ja nicht gerade Trillionen verkauft hat, keine Illusionen. Er hat sich schon gewundert, daß Gary Jules neulich mit dem Cover von „Mad World“ so weit oben in den Charts war: „Ich war schockiert. Und begeistert. Ich liebe diese Version!“ Gleichzeitig glaubt er, daß es Tears For Fears jetzt doppelt schwer haben werden: „Der Fluch von ,Mad World‘: Wir müssen den Leuten erst mal beweisen, daß wir es auch noch können – und zwar mindestens genauso gut. Kommerzieller Erfolg ist da nur der Zuckerguß auf dem Kuchen. Wir haben damals mit nichts angefangen und es weit gebracht. Ich weiß, daß ich auch ohne cashflow leben kann, das ist sehr befreiend.“ Nun impliziert „Everybody Loves A Happy Ending“ ja, daß das Album auch gleich wieder den Schlußpunkt darstellen könnte. Soll es denn mit Tears For Fears weitergehen? „Wir warten erst mal ab. Haben allerdings etliche Songs übrig. Vielleicht bringen wir noch ein Album raus: ,Everybody Loves A Happy Addendum‘.“