Ritter der Armen
13. Juli 1985
Wer sich zu Recht Popstar nannte, war an diesem Tag ins Londoner Wembley Stadium gekommen: Pete Townshend, in einen abgewetzten blauen Bademantel gehüllt, umarmte Elton John. Paul McCartney und David Bowie posierten kichernd in grauen Anzügen für die Fotografen. Irgendwo über ihnen saß Phil Collins in einer Concorde, auf dem Weg von Wembley nach Philadelphia, um bei beiden „Live Aid“-Konzerten auftreten zu können. An Bord traf er Cher und lud sie spontan ein, bei ihm mitzusingen. „Das hier ist wie 100 000 Ed Sullivan Shows“, staunte Tom Petry hinter der Bühne des John F. Kennedy-Stadions in Philly. Die Namen auf den Wohnwagen lasen sich wie ein „Who’s Who“ der Rockmusik: Eric Clapton, Bob Dylan, Robert Plant, Neil Young, die Beach Boys, Crosby, Stills & Nash, Madonna.
Am 13. Juli 1985 halfen mehr als 60 Weltstars Bob Geldof. dem Sänger der Boomtown Rats, beim „größten Pop-Ereignis aller Zeiten“ Geld für die hungernden Menschen in Afrika zu sammeln. Die beiden simultan stattfindenden Konzerte dauerten über 16 Stunden, wurden live von 160 000 und am Fernseher von 1,5 Milliarden Menschen gesehen, brachten über 100 Millionen Euro ein —und sorgten dafür, dass Geldof für den Friedensnobelpreis nominiert und zum Ritter geschlagen wurde. Er war danach auch pleite, aber das war an diesem Tag, als er die Faust in den Himmel reckte, egal. „Live Aid“, das waren, man hat es fast vergessen, richtig gute Rockkonzerte mit (zumindest damals noch) ungewöhnlichen Duetten. Mick Jagger ließ mit Tina Turner bei „State Of Shock“ und „It’s Only Rock’n’Roll“ die Hüften kreisen. Dylan brachte „Blowin‘ In The Wind“ mit Keith Richards und Ron Woods. Collins sang drei Lieder mit Sting und spielte Schlagzeug für Plant und Jimmy Page bei „Stairway To Heaven“. U2 sorgten mit „Sunday Bloody Sunday“ für feuchte Augen, Queen ließen sich die große Show nicht nehmen. Und dann gab es noch das Allstar-Finale, bei dem in Wembley alle „Do They Know It’s Christmas“ anstimmten, in Phillv „We Are The World“.
„Wenn wir es schlau genug anstellen“, meinte Geldof, „ziehen wir der Welt so viel Kleingeld aus der Tasche, dass wir einen Teil der Welt damit am Leben erhalten können. Weil Kleingeld dieses Jahr der Preis für ein Leben ist, Leute.“