Jessica Schwarz in: Ein Job für das Stuntgirl
Mit Gold und Diamanten kriegt man sie nicht. Jessica Schwarz ist bekannt dafür, dass sie Gefahr und Geschwindigkeit liebt - nur so konnte sie vom Teenage-Model zu einer der begehrtesten Schauspielerinnen Deutschlands werden. Aber jetzt steht sie vor ihrer größten Herausforderung.
Es wäre lustig, die Geschichte mal rückwärts zu erzählen. Damit zu beginnen, wie Jessica Schwarz mit großem Zahnweh und noch größerer Sonnenbrille auf dem Rücksitz hockt, limousinenhaft durch Köln gleitet, den Knoblauch im Thai-Fleisch auf ihrer Zunge spürt und davon spricht, dass sie manchmal vor Autos springt, wenn sie pathetisch gelaunt ist. Man könnte auch unhöflich sein und gleich weitersagen, was damals mit ihr, ihrer Schwester Sandra und Brad Pitt war. Typische Promi-Anekdote halt, die zur Abwechslung aber auch ein bisschen was über die Frau verrät, der sie passiert ist. Jedenfalls war Jessica Schwarz, als sie noch für den Musikfernsehsender Viva die Sendung „Film ab!“ moderierte, nach Los Angeles zum Simpsons-Fan-Festival geflogen, hatte Sandra mitgenommen und war mit ihr-was freilich, wie so vieles im Leben von Jessica Schwarz, unter gar keinen Umständen erlaubt war – auf dem Studiogelände von 2oth Century Fox in eine der Lagerhallen eingedrungen. Wo die jungen Frauendie rote Jacke entdeckten, die Brad Pitt im Film „Fight Club“ angehabt hatte. Sandra, ein kernschmelzender Pitt-Fan, roch an der Jacke und ließ sich dabei fotografieren. Und als Jessica Schwarz dann im Herbst 2002 ihre vier Minuten mit dem echten Pitt bekam, zum Viva-Interview für „Ocean’s Eleven“, wollte sie für die Schwester unbedingt ein Autogramm holen, genau auf diesem Foto. „Es war natürlich strengstens verboten, zum Interview irgendwas zum Unterschreiben mitzubringen“, erzählt Jessica Schwarz. „Ich hatte auch den Film gar nicht gesehen, was ich ja sonst immer gemacht habe, und alle Frauen liefen aufgetakelt rum, riefen ,Brad!‘ und ,Matt!‘ und ,Matt!‘ und ,Brad!‘ und Brad Pitt kam viel zu spät. Kurz bevor es zu Ende war, hab ich dann das Bild und den Stift rausgeholt. Alle sprangen auf und wollten mich davon abhalten, und dann sagte Brad: ,Oh, it’s my jacket from ,Fight Club!‘ Ich habe ihm die Geschichte mit meiner Schwester erzählt, und dann nahm er das Bild und…“ Und Jessica Schwarz macht vor, wie Brad Pitt das Foto in seine Achselhöhle drückte und immer wieder hin- und herrieb. „Dann sagte er in die Kamera:
,Sandra, this is for you!‘ Und ich…“ Das Geräusch, das sie jetzt macht, bedeutet Ohnmacht.
Komischer Zufall. Sonst ist es Jessica Schwarz, 30, Schauspielerin, der es auffallend häufig passiert, dass Interviewer sich in sie verlieben und die Presse-Suiten als stammelnde Wracks verlassen. Das ist vielfach dokumentiert, und ebenso übereinstimmend berichten sie hinterher errötet, dass es überhaupt nicht daran gelegen habe, dass Jessica Schwarz irgendetwas Bestimmtes gemacht oder gesagt hat. Sondern daran, wie sie einfach so ist. Wenn sie eigentlich gar nichts tut, wenn sie einen nur anschaut.
Nett gemeint ist das ja, aber für eine Schauspielerin nicht unbedingt ein Kompliment, wenn jeder ihr Gesicht kennt, alle ganz schrecklich verzaubert sind von ihr, jeder Anzeigenkunde sie auf seiner Party sehen will, aber nur den Wenigsten tatsächlich auch noch ein Film einfällt, in dem sie gespielt hat. Benjamin Quabecks Post-Abi-Drama „Nichts bereuen“, Hendrik Hölzemanns transzendente Sanitäter-Romanze „Kammernimmern“, Dominik Grafs DDR-Rock’n’Roll „Der Rote Kakadu“.
In der allgemeinen Wahrnehmung hat Jessica Schwarz eindeutig ein paar Charakterzüge des typischen It-Girls, einer mit Aura, sozialem Talent und großem öffentlichem I nteresse Gesegneten, die in Mode ist, aber allein schon deshalb auch wieder aus der Mode kommen kann – aber gleichzeitig spielt sie in den tollsten, kredibelsten deutschen Arthouse-Filmen, bringt die besten Regisseure vor Glück in die Knie. Macht Sexszenen als Schwangere, gibt unter Theaterbedingungen Frank Wedekinds Lulu. Und in „Das Parfüm“ eine Nutte mit Schoßhund, die sofort umgebracht wird.
Jessica Schwarz ist eine große Spielerin, und sie hat darüber hinaus keine Angst, sich beim Spielen ab und zu ein bisschen dreckig zu machen. Jessica Schwarz bricht zwar nicht wirklich mit der furchtbaren Maxime, dass man als deutscher Jungschauspieler im 21. Jahrhundert immer nett sein muss, aber aus der Kiste holt sie entschieden mehr Spaß als die anderen.
Jessica Schwarz macht vor allem Schluss mit der wohlfeilen, beliebten Lüge, dass man nur richtig wollen und hart genug arbeiten müsse, um ein guter Schauspieler werden zu können. Aber nein. Um wirklich, wirklich gut zu sein, muss man es haben, das berühmte Es, das ganz ungerecht verteilt wird auf der Welt und das auch dann wirkt, wenn man nichts tut und die Leute nur anschaut, vom Platz gegenüber oder von der Leinwand runter. Den Rest kann man später lernen.
„Im Casting ist Jessica ja manchmal grenzwertig“, sagt ein Filmschaffender, der sein Zitat leider nicht rechtzeitig autorisierte. „Da hat sie oft keinen Bock, flachst rum. Trotzdem war für mich von Anfang an klar, dass sie die Richtige ist. Jessica hat die Kraft, die Ernsthaftigkeit in einem Film zu tragen.“
Dafür bleiben wir auch sachlich, wenn Jessica Schwarz, leicht und wie zufällig gebräunt, mit ihren nachlässig hochgesteckten Haaren und einem spektakulären schwarzen Samtstoffkleid dasitzt, mit ihren salzwasserblauen Augen kurz die Karte studiert, die Beine in den hohen Lederstiefeln übereinanderschlägt, in die sie beim Gespräch manchmal verspielt eine Hand hineinstecken wird, und der Zimmerkellnerin im Berliner Hotel sagt, sie brauche jetzt etwas mit viel Fleisch. Die charakteristisch belegte Stimme hatte sie als Kind nicht, die hat sie sich bei Viva geholt. Eine Berufskrankheit, die man davon kriegt, dass man bei der „The Dome‘-Moderation zu oft schutzlos gegen50 000 Teenager anschreit. Das geht nicht mehr weg.
„Wenn man morgens ans Set kommt“, sagt Jessica Schwarz über die Drehtage, an denen sie auf rückhaltsloses, weiter heiserkeitsförderndes Ausgehen nicht verzichten wollte, „und man hatte einen guten Abend und weiß: Heute muss ich mich zusammenreißen – dann ärgert man sich natürlich. Obwohl ich finde: Es gab ja einen guten Grund dafür, dass der Abend so lang geworden ist, und vielleicht leuchtet man ja dann beim Spielen aus einer anderen Kraft heraus. An manchen Tagen merke ich, dass ich mit meiner Müdigkeit viel mehr bei mir selbst bin.“
Im November 2004 – als das großartige „Kammerflimmern“ anlief, für das sie später den Bayerischen Filmpreis bekam – erschien in der Zeitschrift „Neon“ ein Jessica-Schwarz-Interview, das sich bis heute in Zitaten fortpflanzt und ihr Image stärker gestaltet hat als alles andere. In dem Interview erzählte sie, wie sie sich aus Versehen nackt aus ihrem Hotelzimmer aussperrte, wie sie sich als Teenager im Odenwald zum Spaß die Pulsadern ritzte und als Grufti über den Friedhof schlich. Von den insgesamt 14 Narben auf ihrem Körper und davon, wie sie im Streit eine Ratatouille nach ihrem damaligen Partner warf, dem Schauspieler Daniel Brühl, einem sanften Menschen.
„Ich spüre einen Sadomasochismus in mir“, sagte sie damals, und übersetzt hieß das, dass Jessica Schwarz eine Ich-will-alles-und-am-besten-heute-Nacht-Frau ist, war oder sein wollte, keine Schönheit zum Anstarren, die Göttin mit Gipsbein, ein bisschen wie die freiheitsbegeisterte Luca in ihrer ersten Spielfilm-Hauptrolle „Nichts bereuen“, über die der von Brühl gespielte Charakter den bizarren, aber treffenden Satz sagt: „Sie ist so nett, wie es sonst nur dicke Mädchen sind“.
Es war bei diesen Dreharbeiten, als sie den bereits kitzligen Kontakt zu Brühl dadurch entscheidend vertiefte, dass sie ihm bei der Probe einer Kuss-Szene die Zunge echt in den Mund steckte (der unbezahlbare Moment ist im Making-of erhalten). Ihren 30. Geburtstag feierte sie vergangenen Mai zwei Nächte lang in einem Schloss in Sachsen-Anhalt, inklusive Konzert des australischen Sängers Scott Matthew, und obwohl das nicht breitgetreten werden soll, bestätigen viele von hier u nd da kolportierte Geschichten, dass Jessica Schwarz, die so süß und so fies lächeln kann, tatsächlich alles andere als eine Langweilerin ist. Und von allen, allen gemocht wird. Niemand hat was gegen sie.
„Manchmal versuche ich, das zu ändern“, sagt sie und isst ihr Schinkenbaguette mit extra Schinken, „aber das schaffe ich grundsätzlich nur, wenn ich betrunken bin. Wenn ich völlig Unbekannten einfach Wein ins Gesicht schütte oder so. Die sagen mir dann schon, dass ich scheiße bin. Den Fall hatte ich vor kurzem. Plötzlich fand ich das dann selbst wieder doof und habe mich bei ihm entschuldigt, eine halbe Stunde lang oder so. Ich will nicht, dass mich jemand hasst.“
Jessica Schwarz kommt aus dem Odenwald-Ort Michelstadt, die Eltern, stadtbekannt als Brauereifamilie mit Gasthof, hatten auch einen großen Kiosk, in dem die Tochter früh von den Comics zu den Frauenzeitschriften weiterging, „Vogue“, „Elle“, „Cosmopolitan“, die Unruhe und Verlockung in Jessicas Kleinstadtjugend brachten. Als sie 16 war, reichten die Eltern Bilder von ihr zum Model-Wettbewerb der „Bravo“ ein, und Jessica Schwarz wurde tatsächlich Girl des Jahres 1993. Kam bei einer Agentur unter, flog um die Welt, wurde fotografiert, und beendete stilecht mit 22 die Karriere.
Als nächstes: Viva. Es sei hoffentlich klar, dass sie ins anspruchsvollere zweite Programm wolle, meinte
sie vorlaut beim Casting, wurde selbstverständlich genommen, hatte am ersten Tag Christina Aguilera auf der Couch, die drei Jahre jünger ist als sie. Das ZDF engagierte Jessica Schwarz als Online-Reporterin für „Wetten dass…?“. Lenny Kravitz war doof, da stand sie nach ein paar Fragen auf und ging, Paul McCartney dagegen blieb statt fünf Minuten 25, Dustin Hoffman holte gleich noch seine Tochter dazu, weil es ihm so gut gefiel mit Jessica. Wladimir Klitschko wollte ihr schönes Collier loben und sagte aus Versehen „Dekollete“.
Wieder gebrochene Herzen, sogar als Interviewerin. „Der Blonde von den Backstreet Boys sagte zu mir: .Komm, ich spiel dir mal auf dem Zimmer unser neues Album vor!'“, erzählt Jessica Schwarz. „Das hatten wir auch noch schön auf Band – dummer kleiner Junge! Aber ich denke immer: Schade, es gibt so coole Leute, und ich bin immer nur von den Uncoolen angemacht worden. Von Eros Ramazotti oder Bryan Adams. Warum denn die? Warum nicht mal Ryan Adams?“
Diesen Winter hat sie zwei neue Filme, Martin Gypkens‘ Judith-Hermann-Adaption „Nichts als Gespenster“, vor allem das von Exzentriker Leander Haußmann als weit aufgerissene Screwball-Komödie verfilmte Ratgeber-Buch „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“. Zwischen Benno Für mann, Annika Kühl und Matthias Matschke spielt Jessica Schwarz die Liebeswirren der jungen Großstädterin, sieht im roten Kleid wahnsinnig gut aus, sagt den tollen Satz „Ich muss Schluss machen, mein Lebensgefährte nähert sich von hinten“ und nimmt am Flughafen Schönefeld beinahe einen Heiratsantrag von Uwe Ochsenknecht an, auf eine Art und Weise, an der Doris Day lange zu knabbern haben wird. Gleich danach begannen die Dreharbeiten zu Heinrich Breloers neuer „Buddenbrooks“-Verfümung, mit Armin Müller-Stahl und Iris Berben, und man fragt sich schon, ob ein Ex-Model, eine Ex-Pop-Moderatorin ohne Schauspielausbildung trotz aller Meriten in solcher Gesellschaft nicht oft wie das Dummchen vom Friseursalon behandelt wird.
„Das ist nur passiert, wenn ich mich selbst so gefühlt habe“, sagt Jessica Schwarz. „Wenn man in dem Job ist, mit ganz vielen erwachsenen Menschen umgehen muss, die einem viel erzählen und auferlegen, die sagen: ,So und so und so’… da wird man schnell erwachsen. Außer man interessiert sich halt wirklich nur für die Glitzerwelt und für das Püderchen und das Rouge. Aber so bin ich nicht erzogen worden.“ Neulich saß sie abends mit den „Buddenbrooks‘-Partnern Müller-Stahl, August Diehl und Mark Waschke zusammen, es gingums Theater, um Gedanken über Deutschland. „Und irgendwann sagte ich mir selbst: Jetzt, Jessi, obwohl du ja immer gern überall mitredest-jetzt hast du einfach mal die Fresse zu halten! Weil ich da nicht mitreden konnte. Ich habe erst mit 22 in einer Großstadt gelebt, ich habe länger gebraucht, um das alles nachzuholen: Was sind Freundschaften, was ist Film, was ist das für ein Land, in dem ich lebe?“
Jessica Schwarz wohnt heute in Berlin, hat die Verlobungmit Daniel Brühl Anfang 2006 gelöst, hat auf dem Körper weitere Übermut-Narben gesammelt. Aber offenbar ist da immer noch ein Nachholbedürfnis, ein Tattoo, das man nie ganz los wird, wenn man vom Land in die Stadt kommt. Deshalb hat sie auch gar nichts dagegen, wenn sie zum neuen Film immer und immer wieder gefragt wird, ob sie eigentlich einparken könne, denn sie kann es.
„Vielleicht, weil ich mir selbst beweisen will, dass ich dem Klischee widerspreche. Wenn ich gut einparke, sage ich zu mir: Ja, ich bin eigentlich doch ’ne coole Frau!“
Szenen- und Zeitwechsel. Drei Wochen nach dem ersten Treffen sitzt Jessica Schwarz in einer Garderobe der Filmstudios in Köln-Ossendorf, fertig hergerichtet für den 52. „Buddenbrooks‘-Drehtag, das Skript auf dem Schoß und die rote Gauloise im Mund, im umständlichen Kaufmannstöchter-Reifrock auf dem kleinen Sofa.
Heute früh lächelt sie zwar schelmisch wie immer, aber auch schmerzhaft. Vor drei Tagen hat Jessica Schwarz grässliches Zahnweh bekommen, besonders schlimm auf der Lebensmittelmesse Anuga, wo sie mit der Familie war, weil sie mit der Schwester bald ein Hotel eröffnet, im historischen Häuschen direkt neben der Brauereiwirtschaft der Eltern. Regisseur und Thomas-Mann-Traumexperte Heinrich Breloer, der sich wie ein weltweiser Vertrauenslehrer um die jungen Leute in seinem Deluxe-Ensemble kümmert, hat ihrfür die Mittagspause einen Termin bei seinem Kölner Lieblingszahnarzt arrangiert. Ihre Szenen muss sie vorher wohl oder übel drehen.
Der Film kommt Weihnachten 2008, und leider darf noch nichts von den gewaltigen Ereignissen im Studio berichtet werden, nichts vom Buddenbrook-Haus, von Tonys Heimkehr, die an diesem Morgen gefilmt wird, nicht mal der Dialogsatz, dem Jessica Schwarz mit pochendem Kiefer so viel schönen, erstickten Stolz einwispert, dass Heinrich Breloer am Monitor den Freudentränen nah ist und dem Kameramann immer wieder heftig den Daumen hoch zeigt. Nach vier Stunden sitzt sie hinten im schwarzen Wagen, der sie zum Zahnarzt bringt, jetzt doch wie ein Filmstar, mit riesiger Sonnenbrille und gestreiftem Schal. Das Thai-Zeug vom Caterer isst Jessica Schwarz aus dem Doggy-Pack, sie schmeckt Knoblauch, armer Arzt, sagt sie.
„Das mit der Selbstkritik wird immer schwieriger“, resümiert sie kurz, während Köln sich am Fenster vorbeiblättert, in der Drehpause der 15-Millionen-Euro-Produktion, sechs Jahre nach ihrer ersten richtigen Rolle, bei der das Casting noch im Wohnzimmer der Brühl-Familie stattfand. „Man hat halt das Gefühl, dass man noch im Wachstum steckt und sich deswegen nicht wiederholen darf. Und dass ich jetzt einen Schauspiellehrer habe und merke, dass Talent nicht alles ist und Handwerk und Technik enorm wichtig sind – das hat mich auch verunsichert. Aber jetzt ist es eben an der Zeit. Ich bin reif dafür.“
Und wenn Jessica Schwarz, die ja immer in alles irgendwie reingerutscht ist oder reingerutscht wurde, weil sie eine ist, die Leute gerne um sich haben -wenn sie also je das Gefühl gehabt haben sollte, dass sie aus der ganzen Nummer leicht wieder rauskommt, falls sie jemand ertappt: Spätestens jetzt, mit Haußmann und Breloer, mit großen Parts in großen Kinos, in die auch die Nicht-Eingeweihten gehen, gibt es irgendwie keinen Rückweg mehr.
Ja, darüber mache ich mir Gedanken“, sagt Jessica Schwarz. „Ich spüre das – allein der Rummel, der jetzt schon stattfindet. Ich fand das angenehmer, als ich mit Daniel zusammen war, als die Leute immer nur ihn erkannt haben. Es gibt viele, die gut damit leben und arbeiten können, aber mir persönlich tut das nicht so gut. Dass ich mit kleineren Filmen angefangen habe, das war für mich genau der richtige Weg. Vor der großen Aufmerksamkeit, die ich zurzeit bekomme, habe ich eher Angst, als dass ich’s wirklich gut finde.“
Es sieht im Moment ja nicht schlecht aus für den deutschen Film. Laut letzter Erhebung der Filmförderung FFA war-trotz der allgemein sinkenden Kinoumsätze – der Marktanteil einheimischer Filme 2006 mit über 25 Prozent so hoch wie noch nie. Der 2007 gestartete Filmförderfonds verteilte 60 Millionen Euro an über 40 deutsche Produktionen (und an Tom Cruise), es gab den Oscar für das preiswert gedrehte „Leben der Anderen“. Dann wurde Romy Schneiders Todestag begangen und immer wieder die alte Romy-Schneider-Frage gestellt, ob die Deutschen denn überhaupt dazu fähig seien, echte Filmstars unter sich zu erdulden.
Regisseur Christian Petzold gab dazu im September dem „Tagesspiegel“ eine interessante Antwort. „Wir haben Sterne ohne Himmel. Deutsche Schauspieler werden wie Stars gefilmt, haben Auftritte auf dem roten Teppich oder in der ,Gala‘, aber es gibt keine Filme um sie herum. Wie sonst erklärt sich die Einsamkeit von Nastassja Kinski? Warum wurden nach ,Lola rennt‘ nicht 30 Filme mit Franka Potente gedreht? Was macht eigentlich Jessica Schwarz?“
Jessica Schwarz schnippt noch eine abgebrannte Zigarette aus dem Autofenster. Doch eher wie die Stuntfrau, kurz bevor sie den Kopf zum wichtigsten Duell in die entgegenkommende Sonne hebt. „Wehleidig?“ fragt sie zurück und lacht burschikos. „Das bin ich wirklich nur, wenn meine intimsten Menschen um mich rum sind, da kann ich echt pathetisch und wehleidig werden. Vor allem wenn ich betrunken bin. Am besten mit Auf-die-Straße-Rennen und Vor-Autos-Stellen und ,Neeeein!‘-Rufen. Da kann man, glaube ich, auch Angst vor mir kriegen.“
Aber Jessica Schwarz wird nicht überfahren. Hoffen wir bloß, dass sie nicht irgendwann zu dankbar dafür wird.