Christliche DNA
Sechs Fragen an die netten amerikanischen Pop-Pessimisten Death Cab For Cutie
Mädchenband“ werden sie schon mal abschätzig genannt: Death Cab For Cutie würden zum guten Teil von jungen Frauen gehört, heißt es. Das sei eine Band, die Nerds hörten, wenn sie verlassen würden – oder um junge Frauen mit enigmatischer Tiefe ins Bett zu manövrieren. Man tut ihnen damit ein wenig unrecht. Die Band um Songschreiber Benjamin Gibbard kreiert durchdachte, besondere Popsongs und schaut über den Viervierteltakt hinaus. „Codes And Keys“ ist das siebte Album der trübseligen Band aus Seattle.
Es gibt eine deutsche Band namens Tocotronic. Schon mal von der gehört?
Ben Gibbard: Nein, noch nie.
Das ist eine sehr wichtige deutsche Gruppe, die anfangs sehr inspiriert vom amerikanischen Grunge war. Eines ihrer ersten Stücke heißt „Wir sind hier nicht in Seattle, Dirk“ . Warum ist Seattle eigentlich so interessant?
Seattle hat aufgrund des furchtbaren Wetters schon immer eine sehr lebhafte Kunstszene gehabt. Viele Leute verschanzen sich in ihren Häusern und machen Musik oder malen. Drei Stunden braucht man bis nach Portland im Süden, und nach Vancouver im Norden ungefähr zwei – wir sind also abgeschnitten vom Rest der Welt. Daraus kann Faszinierendes in der Kunst entstehen.
Aber muss man wegen des Wetters größtenteils in Moll spielen?
Es braucht Moll- und Dur-Akkorde. Die Moll-Akkorde betonen die Dur-Klänge und andersherum. Alles im Leben braucht eine gesunde Balance.
Sie gelten als Melancholiker. Manche sagen, es gebe diese bestimmte Death-Cab-Stimmung. Gibt es die denn?
Ich glaube, das ist eine sehr reflektierte, nach innen gerichtete Stimmung.
Hat Ihre römisch-katholische Erziehung etwas damit zu tun, als eine Art Flucht nach innen?
So schlimm war das ja auch nicht. Aber wenn man katholisch aufwächst, wird es ein Teil der eigenen Persönlichkeit. So, dass es fast ein Teil meiner DNA ist.
Auf Ihrem neuen Album gibt es den Song „St. Peter’s Cathedral“. Waren Sie kürzlich in Rom?
Der Song ist schon etwas älter. Es geht darin aber um eine Kathedrale in Seattle. Wir errichten diese Riesen-Monumente im Namen Gottes. Denken, je größer und mächtiger sie sind, desto stärker repräsentieren sie unseren Glauben an Gott. Aber diese Bauten sind lächerlich angesichts der Größe der Dinge, die wir nicht verstehen. Diese Gedanken durchziehen viele meiner Songs: Moral, Sterblichkeit. Was kommt danach? Was kommt danach nicht? Verrückt, wie viel Aufwand wir treiben für das Sinnlose.