Chris Spedding/Al Cooper
Zwei Virtuosen überraschen mit späten Alben
Chris Spedding ist gern der Mann zur Miete. Die Kundendatei von Chris Spedding liest sich wie das „Who is Who?“ der klassischen Rock- und Popmusik. Elton John, Tom Waits, Brian Eno, Paul McCartney, Roger Daltrey, John Cale, natürlich Bryan Ferry – Spedding hat auf lauter Platten gespielt, die zum ewigen Bestand gehören. Dabei ist der Mann ein ganz traditioneller Klampfer, der seine Pentatoniken abläuft und immer dem Blues in seinen vielen Spielarten vertraut. Aber mehr hat man zu Speddings Hochzeiten auch nicht erwartet von gebuchten Gitarristen – stilvirtuos sind nur die wenigsten unter jenen Cracks des Genres, die ihre besten Tage in den 7Oern und 8Oern erlebten. Was man wollte, war vielmehr eine deutliche Identität, ein eigener Ton, eine ausgeprägte musikalische Aura. Spedding, der diese Eigenschaften besitzt, zehrt noch heute von den Engagements seiner Jugend und ist seit der Roxy Music-Reunion wieder gut im Geschäft. „Egal, wie lange ich in einer Band spiele, ich bin immer der Session Man, der für seine Dienste bezahlt wird“, betont Spedding seine Identität als Mietmusiker. „Wenn der Abend zu Ende ist, bin ich wieder zu haben.“ Auf „dick Clack“, der aktuellen Soloplatte, spielt Spedding lauter recht altbackene Lieder, die er schon immer mal aufnehmen wollte, darunter Eigenes und Fremdkomponiertes. „Ich werde nur wenig davon ins Programm nehmen. Die Leute kommen ja, um mich Gitarre spielen zu hören. Außerdem habe ich mr eine Band gebucht (u.a. mit Sex Pistol den Matlock), und die kostet vom ersten Tag an Geld. Also spielen wir lieber Standards, die lernt man schneller!“
Al Kooper hofft auf frischen Dylan-Ruhm
Immer wieder dienstags ist iTunes-Tag bei AI Kooper daheim. Aber dieses Mal war es „ein schlechter Tag“ für neue Musik, lacht aus Boston der 61jährige ins Telefon, dem Unsterblichkeit allein (aber nicht nur) wegen seiner Signal-Orgel auf „Like A Rolling Stone“ gewiß ist, die er damals bekanntlich nur spielte, weil man keinen Session-Organisten bestellt hatte. Ohne geeignete Downloads blieb dem chronisch Schlaflosen also mehr Zeit, um der „unglaublichen“ E-Mail-Flut Herr zu werden. Bestimmt war auch wieder was aus Japan dabei, sein „biggest country“. Wie vor zwei Jahren: Der Tour-Einladung folgte das Angebot von der Sony-Zentrale für ein neues Album. Warum Japan? Vielleicht wegen des Werbespots mit seinem „Jolie“ (von „Naked Songs“). Daheim hatte Kooper Mitte der 90er vergeblich gebaggert. Er fand Trost als Dozent an der Berklee School Of Music, wo mit The Funky Faculty prompt eine neue Band wartete. An Songs für „Black Coffee“, diese „dunkle, ernüchternde Platte“, mangelte es dann nicht. Fast 150 Stück lagen zu Hause mehr oder weniger – fertig herum. „Die anderen Songs hassen mich jetzt. Weil sie’s noch nicht aus dem Haus geschafft haben.“ Werden sie’s noch schaffen? „Wie es wohl klingen würde, wenn ich wieder 30 Jahre warte? Ein Album mit 91 – das wäre wirklich mal interessant.“ Zuvor hofft der sehschwache Diabetiker auf den Dylan-Dokumentarfilm „No Direction Home“ von Martin Scorsese, in dem er gebührend platziert ist. „Mal sehen, was so passiert. Aber mein Mantra ist immer: Wenn du nichts erwartest, kannst du auch nicht enttäuscht werden. Nach der Strategie kann ich mein Leben viel besser leben.“ Nicht nur an Dienstagen.