Braune Brocken
Die amerikanischen Flower-Punks Black Lips lieben Rausch ohne Reue.
Riech mal dran“, bittet Cole Alexander seinen Kollegen Ian Saint Pé. Der hält sich das braune Bröckchen unter die Nase und schnippst es weg. Mist! Cole kramt erneut in der Tasche und sortiert den Inhalt auf der Bierbank: ein Papier-Kügelchen mit weißem Pulver, Euro-Münzen und schließlich das richtige braune Ding.
Die Black Lips sind ihrem Habitus nach eine der letzten Rock’n’Roll-Bands. Auf die heutige Elterngeneration dürften die Flower-Punks aus Atlanta wirken wie einst die Stones: wie „Bad Kids“ (so heißt ihr bekanntester Song), die mit ihrer Musik die Jugend verderben. Tatsächlich lässt Jared Swilley den Höfner-Bass im Konzert eher wackeln wie Paul McCartney. 2007 waren die Black Lips sogar zu einer Tournee durch Isreal eingeladen worden. Nur aus Indien musste die Band nach allzu obszönen Gesten auf der Bühne Hals über Kopf ausreisen.
Inzwischen hat Alexander seinen Joint gedreht. Bei den Aufnahmen zum neuen Album „Arabia Mountain“ habe man mit Produzenten-Dandy Mark Ronson vor allem Champagner getrunken, erzählt er. Punkig-psychedelische Zweiminüter sind dabei entstanden. Der Surf-Smasher „Modern Art“ ist Jackson Pollock auf Ketamin, im Opener „Family Tree“ springt ein räudiges Saxofon ins Ohr, „Noc-A-Homa“ groovt nach bester Motown-Manier. Ronson hinterlässt seinen Eindruck, ohne den Garagen-Charme der Lips zu verdecken.
Bei einem Song hat Sean Lennon das Theremin gespielt – beim Mix ist die Spur aber herausgeflogen, bedauert Saint Pé: „Sein Vater hat übrigens in so einer berühmten Band gespielt.“ Frédéric Schwilden