A Hard Day’s Write
Noch bevor Lennons Genie als Songpoet offensichtlich wurde, debütierte er als Literat.
Der britische Verlag Jonathan Cape hatte 1963 den amerikanischen Journalisten Michael Braun beauftragt, ein Buch über die neue Pop-Sensation aus Liverpool zu schreiben. Bei einem Interview mit den Beatles Ende des Jahres hatte er dann einige der Kritzeleien eingesteckt, die John Lennon zwischen Auftritten, Aufnahmen und Songwriting auf Servietten und Hotel-Briefpapier gekrakelt hatte: absurde, von Lewis Carol und Spike Milligans „Goon Show“ inspirierte Da-Da-Gedichte und Strichmännchen, die so gar nichts gemein hatten mit der noch recht unschuldigen boy-meets-girl-Lyrik seiner damaligen Songtexte.
Braun zeigte die Skizzen seinem Lektor Tom Maschler, dem nach den jüngsten Charterfolgen der Fab Four wohl gleich die Pfund-Sterling-Zeichen in den Augen standen. Abgesehen davon fand er Lennons Sudeleien ganz charmant – und so beschloss er, sie in Buchform zu veröffentlichen. Ihr Urheber fand das ziemlich kurios, auch die Buchhandlungen bestellten kaum Exemplare, als das Werk namens „In His Own Write“ schließlich im Katalog auftauchte. Denn niemand glaubte, dass sich jemand noch an die Beatles erinnern würde, wenn das Buch Ende März 1964 erschiene.
Doch schließlich kamen die Läden mit dem Nachbestellen und der Verlag mit dem Nachdrucken nicht mehr nach. Der schmale Band mit Gedichten, Kurzgeschichten, Parodien und einem Vorwort von Paul McCartney verkaufte sich im ersten Jahr 200.000 Mal, und Lennon legte mit „A Spaniard In The Works“ noch einen zweiten Band vor, der allerdings nur noch halb so viele Exemplare absetzte.
Die von Helmut Kossodo und Wolf D. Rogosky bereits Mitte der Sechziger ins Deutsche übersetzte Fassung von Lennons erfolgreichen Erstling, „In seiner eigenen Schreibe“, ist nun in einer neuen, von Karl Bruckmaier überarbeiteten und um einen einführenden Essay von Jon Savage erweiterten Version beim Berliner Blumenbar Verlag erschienen. MB