Adele

19

XL/Beggars 07.03.2008

Gekonnter weißer Soul von Britanniens größter Hoffnung

Die Superlativen machen schwindelig: Noch vordem ersten Album ist Adele Adkins mit Paul McCartney und Björk bei Jools Holland aufgetreten, hat den (manche sagen: überhaupt nur wegen ihr eingeführten) ersten „Critics‘ Choice“-Brit Award gewonnen, wurde von der BBC zur hoffnungsvollsten Stimme des Jahres 2008 gekürt und konnte sich über jede Menge Lob aus der internationalen Kollegenschaft freuen. Nicht schlecht für eine 19-Jährige.

So hat Großbritannien also die nächste Amy Winehouse, bisher minus Drogenskandal. Adkins singt ihren weißen Soul sehr gekonnt, hat wirklich eine erstaunlich fertige Stimme – und ist auf der Bühne offenbar eine Wucht. Jedenfalls haben XL Recordings keine Kosten und Mühen gescheut und Winehouse-Produzent Mark Ronson mit dem Mentoring beauftragt, mit Jim Abbiss (Arctic Monkeys) allerdings einen ungewöhnlichen Produzenten bestellt. Das Album ging im UK gleich auf Nummer eins.

Die Musik zur spektakulären Stimme ist nicht ganz so spektakulär, und das ist gut so. Denn XL — und vermutlich auch die Künstlerin selbst — waren klug genug, nicht irgendeine Showtreppe aufzustellen, auf der Adele dann adrett und fehlerfrei hinunter schreitet. Eher ist „19“ eine Platte wie die von Kate Nash eine hausgemachte, eine, die den tatsächlichen Erfahrungshorizont der Akteurin widerspiegelt. Adele schreibt einige Male mit Auftragskomponist Eg White (Natalie Imbruglia, Duffy, James Blunt), ansonsten aber alles selber. Die zentralen Stücke bleiben die aus Funk, TV, myspace und iTunes bekannten: die Single „Chasing Pavements“, dieser jubilierend schunkelnde Soul-Hymnus, „Best For Last“, das eigenwillig im Tempo changiert, und „Daydreamer“, hier der Opener und in seiner Reduktion der trademark tune dieser Platte. Die anderen Lieder – darunter eine hübsche Version von Bob Dylans „Make You Feel My Love“ – sind oft in erster Linie Stilübungen. Aber sie sind eigen, nicht bis ins Besinnungslose formatiert. Und dass das britische Publikum so etwas nicht nur zulässt, sondern mit Spitzenplatzierungen belohnt, ist wirklich eine gute Nachricht.