Bob Geldof –
Der weiße Ritter leistet leider seinen musikalischen Offenbarungseid Sir Bob hatte honorige Momente. Mit den Boomtown Rats, im Clinch mit Hexe Maggie, als Vater Theresa, in der Rolle des liebeskranken Tölpels, als treu sorgender Daddy. Da verzieh man ihm so manch peinlichen Auftritt, Verblasenheit, Selbsterniedrigung, Larmoyanz. Und so manche miese Platte. Diese hier nicht.
Geldof, der inzwischen zur menschlichen Manövriermasse des Neuen Marktes gehört, dort mal obenauf ist oder sich im freien Fall übt, schüttet sein Herz aus und lässt uns teihaben an Episoden seiner verpfuschten Vita. „Sex, Age &Death“ macht den Hörer zum Komplizen, so anbiedernd und treudoof breitet der einstige Kandidat für den Friedensnobelpreis späte Einsichten und frühe Liebesabenteuer vor uns aus. „She read a poem by Beaudelaire/ Sitting naked in a chair“, reimt er ohne Arg. „Her perfume £11led the holy air and eased my empty soul.“ Oder war es „holy hair“? Egal. AI Stewart hat solche Songs verfasst für seine „Lore Chronicles“, aber da war er 20. Und nicht nur seine Texte waren weitaus literarischer, auch die Musik verströmte damals den Duft von Räucherkerzen und Vanille-Shampoo. Geldof setzt auf Zieharmonika-Romantik und frugales Geklampfe. „God, you work in mysterious ways“, singt er demutsvoll, „bless the girl for all her days.“ Heilige Einfalt.
Klischees, wohin man hört. „One For Me“ verwurstet „All Along The Watchtower“, anderswo sülzen wachsweiche Synths zu mechanischen Breakbeats und ertönen billige Trompeten wie Chet Baker aus der Wundertüte. „Mudslide“ ist okay, ein melodischer Rocker mit atmosphärischen Versen und einen halben Stern allemal wert. Der Rest ist trostlos. Auf „Inside Your Head“ gibt Geldof gar den Lennon, so schamlos stereotypisch, dass man lachen müsste, wenn’s nicht zum Heulen wäre. „Someone out there must be takin‘ the piss“ krakeelt der Künstler. Ach, würde er nur sich selbst meinen.
WOLFGANG DOEBELING