Zurück ins Warme
Indie-Darling mit den Rainbirds, Lyrikerin, Weltreisende - nun hat Katharina Franck wieder eine flirrende Pop-Platte gemacht
Wenn Sie Katharina Franck besonders wegen der Sachen mögen, die sie einst mit den Ur-Rainbirds anstellte, sollten Sie aufmerksam weiterlesen. Es gibt nämlich ein neues Pop-Album von ihr, „First Take Second Skin“ auf dem sie erstmals nach langer Zeit das, sagen wir ruhig: „Blueprint“-Erfolgsteam wieder zusammenführt. Oder zumindest einen bedeutenden Teil davon.
Damals war das so: Der Session-Gitarrist Peter Weihe drosch in den Achtzigern das Gros an relevanten Deutschrock-Veröffentlichungen ein, oft anstelle der etatmäßigen Gitarristen; hinterm Produzentenpult saß dann meist Udo Arndt. Dank dieser Cracks geriet das selbstbetitelte Debüt der Berliner Rainbirds 1987 zum überraschenden Übernacht-Erfolg. Wohlgemerkt zu einer Zeit, in der es überhaupt nicht selbstverständlich für deutsche Bands war, mit englischen Texten ein größeres Publikum zu erreichen.
Es gab da sonst nur, nun ja, die Scorpions.
Das ist nun bald 20 Jahre her. und wenn man Katharina Franck heute gegenübersteht, wird klar: Auch Indie-Darlings werden älter. Trotzdem erkennt man sie sofort. Das freundliche Gesicht. Die Frisur. Und vor allem diese leicht an eine erwachsene Version von Nena erinnernde Sprechstimme. Mittlerweile kann die in Portugal und Brasilien aufgewachsene gebürtige Düsseldorferin sogar mit Stolz auf die frühen Jahre zurückblicken. Das war nicht immer so – mit damaligen Kollegen wie Rodrigo Gonzales (jetzt der Ärzte-Bassist) und Kreativpartner Beckmann hat sie seit Jahren keinen Kontakt mehr.
Aber: „Nachdem ich lange überhaupt nicht darüber reden konnte, bin ich mittlerweile mit der ganzen Geschichte im Reinen.“ Wie „eine so wahnsinnig erfolgreiche Band derart mit dem Erfolg hadern kann, anstatt ihn zu genießen“, kann sie indes immer noch nicht fassen. „Vielleicht hätte es geholfen, zu akzeptieren, daß da jetzt eben mal ’ne Frau vorne steht!“ Ja, ja, die alten Wunden!
Übrigens, bevor das jetzt zu sehr nach Nachruf klingt: Natürlich war Katharina Franck, wenn auch in der zweiten Reihe, immer da. Mit den späteren Rainbirds-Inkarnationen, der Gruppe Stein und ihren Spoken Words, die sie „gesprochene Popsongs“ nennt – sie kann gar nicht anders als mit Musik. Zuletzt sind beim „stundenlangen Gitarrespielen“ eben mal wieder ein paar englischsprachige Popsongs rausgekommen. Mit dieser bekannten Mischung aus flirrender, leicht hektischer Harmonieseligkeit und bedeutsamer Introspektiv-Lyrik, wie sie Francks Musik auch früher ausmachte. Außerdem zwei Cover-Versionen: „Good Til Now“ von Gillian Welch und ausgerechnet Jimi Hendrix‘ „Manic Depression“ – da hatte selbst Peter Weihe „einen Heidenrespekt“.
Und hier schließt sich nun der Kreis. Nachdem sie Weihe die Demos eigentlich nur geschickt hatte, um von ihm neue Musiker empfohlen zu bekommen, hatte der nichts Besseres zu tun, als mit den Bändern zu Udo Arndt zu laufen. Ein Glücksfall: Kurz darauf klingelte bei ihr das Telefon. Ob man denn nicht mal wieder was zusammen machen solle, wie in alten Zeiten, zu dritt und ohne Label, wollte Arndt wissen. Gute Idee. Also haben sie sich getroffen, die Aufnahmen selbst finanziert, und „Peter und Udo beschäftigten sich genauso intensiv mit meinen Songs wie früher“.
Einen Unterschied zu damals gibt es eben doch. Und der hat wieder etwas mit der Zeit zu tun, die inzwischen vergangen ist. Es fehlt das – Anfängern exklusive – naive Element, das, vermischt mit Herrn Beckmanns polterndem Punk-Schnodder, den Charme der frühen Rainbirds begründete. „First Take Second Skin“ klingt leider manchmal so, wie Platten klingen, die von Studiogrößen eingespielt werden.
Das Werk soll nun jenen Teil der Stammhörerschaft zurückerobern, den Franck durch ihre Sprechplatten verschreckt hat. Bei zwei Konzerten in Berlin hat das zuletzt schon gut geklappt. Und eine Plattenfirma – weil, ganz ohne geht’s halt auch nicht – hat sie mittlerweile auch gefunden. Nach etlichen Absagen.
Das hier war die phantasievollste von allen, die Franck gesammelt hat: „Katharina“, sagte ein A&R-Mensch, dessen Namen sie leider nicht verrät, „das ist ja alles sehr schön. Aber der neue Janis-Joplin-Film kommt noch nicht in die Kinos, die Leute sind noch nicht bereit für eine so expressive, Joplin-artige Sängerin wie dich.“
Vielleicht gibt es in nächster Zeit ja verstärkt Plattenverträge für Johnny-Cash-Plagiatoren – man weiß es nicht.