Zur Heimat
Wenn das bloß Kaiser und Führer wüßten. Sie würden sich stehenden Fußes nach IJamibia begeben, das von anno 1884 bis 1915 als Deutsch-Südwest-Afrika,einmal kurz unter deutschem Protektorat stand. Denn hier würden sie mit Erstaunen registrieren können, daß ihre Saat auf gar fruchtbaren Boden fiel: Zucht und Ordnung" sind hier keineswegs Fremdworte, und "Dschingderassabumm" rules.
Heissa, das muss ein Spass gewesen sein an diesem Samstagabend, neulich in Namibia! Mit verklärten Augen werden sie auf den rustikalen Eckbänken gesessen haben, den „Schmorbraten gutbürgerlich“ und den aufs erste südafrikanische Programm eingestellten Fernseher vor sich, werden in Swakomunds „Kuki’s“ und im Fernsehzimmer des Hotels „Zum Sperrgebiet“ dem historischen Moment entgegengeharrt haben, der Afrikas Fernsehen endlich Gerechtigkeit widerfahren lassen würde. Der „Musikantenstadel“ live aus Kapstadt! Deutsche Kultur, richtige deutsche Kultur im Exil, so fern des Vaterlandes! Und dann marschierte auch schon die Wallgauer Trachtenkapelle mit „Alte Kameraden“ in die Halle ein, und Heino und die Kastelruther Spatzen und die Raabtal Dirndl marschierten gleich mit, und allen voran marschierte ein klatschender Karl Moik, und 2000 Deutsch-Austriaken wären wohl am liebsten aufgesprungen und ebenfalls losmarschiert Bummtscha-Bummtscha-Dschingderessabumm! Was störte da schon die Handvoll exotisch wirkender Schwarzer im Saal, denen das Ganze nicht recht geheuer erschien? Sollen halt wissen, wo der Bartel den Most holt! Jawoü, Kameraden, an diesem Abend war die Welt in Südwest für 90 Minuten wieder in Ordnung.
„Das erste Mal hier in Südwest?“
„Ahhh… ja. Zum ersten Mal in Namibia.“
,Ja, das gute, alte Südwest! Afrika, fremde Welt, woll? Naja, ruhig Blut, alles halb so wild. Alles unter Kontrolle. Sind ja nicht in Ruanda. Schlagen sich die Koppe ein! Was soll man machen? Sie weitermachen lassen! Immer feste druff! Ein Problem wenigen Haben sowieso alle Aids.“
Der Schock nach der Ankunft in Windhoek: Afrika, was haben sie hier unten mit dir gemacht? Eine milchige Sonne wirft fahles Mondlicht auf Fachwerkhäuser, steile Giebeldächer und wilhelminische Monumentalarchitektur. Gewienerte Jettas und Rekords stehen korrekt ausgerichtet an Parkuhren, und aus einem offenen Fenster des
Hotels „Heinitzburg dringt eine Cover-Version von „Rosamunde“, unterlegt mit Lambert’schem Heimorgel-Crescendo. Einige Meter weiter preist die „Kaiserkrone“ ihr Mittagsmenü an: „Neptuns Schatz – zubereitet nach einem Geheimrezept unseres Küchenchefs!“ Weil man darauf nach zehn Stunden Flug verzichten kann, kaufe ich an einer kleinen Bude in der Moltkestraße zwei Käsebrötchen und entschuldige mich mit einem „Sorry!“ für den gerade getauschten 100-Namibia-Dollar-Schein. „Haste’s nicht ein bißchen kleiner?“, fahrt mich die schwarze Verkäuferin an. Auf deutsch.
Das also ist Namibia. Erst südwestliche Kolonie des Pickelhauben-Kaiserreiches, dann okkupiertes Anhängsel des pretorianischen Rassistenstaates, seit 1990 unabhängig, und spätestens seit dieser Zeit gepriesen als „Afrika für Einsteiger“: So schön, so sauber, so ungefährlich! Keine touristenmordenden Elfenbeinwilderer, kein Ebola, und wirklich nur ganz ganz wenig Aids-Fälle! Das Werter und die Menschen: so nett! Mit Deutsch, schwärmen die Reiseveranstalter, komme man prima kreuz und quer durchs Land: „Namibia ist ideales Reiseziel auch für ältere Besucher“. Na also.
Mein Reiseführer (deutschsprachig, natürlich) listet als Windhoeks Hauptsehenswürdigkeit das Reiterdenkmal an der „Alten Feste“ auf: Ein martialisch-protziges Zeugnis großdeutscher Herrlichkeit, das ein gewisser Adolf Kürle auf Anregung des deutschen Befehlshabers Oberst von Estorff gestaltet hat und Patrioten im fernen Reich durch Spenden finanzierten. „Zum ehrenden Andenken an die tapferen deutschen Krieger, welche für Kaiser und Reich zur Errettung und Erhaltung dieses Landes während des Herero- und Hottentotten-Aufstandes ihr Leben ließen. Zum ehrenden Ankenden auch an die deutschen Bürger, welche den Eingeborenen im Aufstand zum Opfer fielen“, steht auf der Inschrift.
Unwesentlich, bloß für die Statistik: Bei besagtem Aufstand ließen 124 jener tapferen deutschen Krieger ihr Leben – weshalb ihre erbosten Kameraden in der Folge etwa 50 000 Herero niedermetzelten, ziemlich mühelos, dank wilhelminischer Kartätschen und auf Entfernungen, welche kein Speer überbrücken konnte. Der Aufstand von 1904 war der erste und gleichzeitig letzte Versuch der Stämme Namibias, das Joch der kolonialen Besatzer abzuschütteln. Enteignet, ihrer nomadischen Lebensgrundlage beraubt und die Zwangsarbeit in den Minen vor Augen, blieb den Afrikanern nichts ab die Offensive, die Selbstmord war. Nach der Entscheidungsschlacht am Waterberg besetzte die siegreiche Schutztruppe die Wasserlöcher in der Wüste. Wer dem Gemetzel entkam, verdurstete vor den Augen der Soldaten.
Allein – trotz dieses heroischen Siegs währte Deutsch-Südwest bloß gut drei Jahrzehnte: Von 1884 (als Lüderitz und Umgebung zum „Deutsch Protektorat“ erklärt wurde) bis 1915, als Einheiten des Südafrikanischen Union die reichsdeutschen Kamelreiter zur Kapitulation zwangen und anschließend praktischerweise gleich im Land blieben. In den folgenden Jahrzehnten scheint man sich gut verstanden zu haben im weißen Namibia: Burische Apartheid und deutsches Herrenmenschen-Denken – ideologisch war der Schulterschluß schnell vollzogen. Mit Pretorias Politik ist es seit gut sechs Jahren offiziell vorbei – kolonialdarwinistisches Denken und bisweilen unverholen zur Schau gestellter Rassismus der Deutschen haben sich bis auf den heutigen Tag erhalten.
(Gespräch am Nebentisch:) ,,Nee, du, gute Handwerker sind’s. Und billige dazu. Kost doch nix, so’n Neger-.“ „Dafür braucht er aber auch fünfmal solange. Ist doch immer das gleiche mit denen: Pennen ständig und schaffen in Zeitlupe! Liegt denen halt nicht im Blut—“
1997 leben ca. 25 2000 Deutsche und Deutschstämmige in Namibia, das so gut wie niemand von ihnen Namibia nennt Viele sind Nachfahren der Kolonialisten, die ein Land der Väter verklären, das sie in vielen Fällen noch nie gesehen haben oder erst einmal, und das war dann anno ’52. Oder Aussteiger, die hier hängengeblieben sind, weil die Frauen der Himba „geil im Bett und außerhalb völlig anspruchslos sind“. Vor allem aber sind es Menschen, die mit dem allüberall beklagten „Verfall von deutscher Zucht und Ordnung“ in ihrer alten Heimat nicht mehr zurechtkamen und daher ans andere Ende der Welt flohen, wo selbige in ihren Augen noch bipolar in Ordnung war: Weiß und Schwarz, Gut und Böse.
Zusammengehalten wird dieser, in deutschtütnelnden Hochburgen wie Lüderitz und Swakopmund und Käufern wie Mariental und Helmeringhausen residierende, Haufen durch die gemeinsame Sprache. Am namibischen Deutsch sind sämtliche Neuerungen bzw. Einflüsse der sagen wir – letzten 40 Jahre spurlos vorübergegangen, und auf daß dies so bleiben möge, versorgt eine Heimatpostille namens „Allgemeine Zeitung“ die Versprengten in der feindlichen Diaspora tagtäglich mit 16 Seiten, deren Lektüre den Verdacht nahelegt, daß die Redaktion offenbar nur über rudimentäre Kenntnisse in Sachen Rechtschreibung und Kommasetzung verfügt und das Blatt wahrscheinlich lieber in Sütterlin setzen wunde. Angeblich bemüht man sich, braunes Gedankengut rigoros herauszuredigieren – als Musterbeispiel der Redakteurspflicht führt man gerne an, daß man ja mal ein Inserat abgelehnt hat, mit dem eine Leserin des „Märtyrers Rudolf Heß“ zu gedenken dachte. Was jedoch nicht ausschließt, daß Todesanzeigen wie „Unsere Reihen lichten sich immer mehr: Unser lieber Kamerad Hans Meier starb nach ritterlich ertragenem Leiden in Swakopmund. Ehre seinem Andenken. Die Kameradschaft Deutscher Soldaten“, abgedruckt werden. Samt eingeklinktem Eisernen Kreuz.
Wes Geistes Kind viele Leser des Blattes sind, zeigt sich vor allem an der Spalte mit den Leserbriefen: Da wird jeder mit braunem Schlamm überschüttet, den man vaterlands-verräterischer Umtriebe verdächtigt. Etwa Botschafter Dr. Hanns H. Schuhmacher – kaum hatte der Schulklassen Freitickets zu einer Aufführung von „Schindlers Liste“ besorgt, konnte er sich jeden Morgen beim Frühstück über seine Deutschen freuen: „Wer ,Schindlers Liste‘ als Teil des Geschichtslehrplanes betrachtet“, geiferte da beispielsweise ein Otto Lemmich, „gibt sich der Lächerlichkeit preis. Früher bekamen Erstklässler von der Märchentante Hansel und Gretel vorgelesen, heute werden die Oberschüler vom Oberlehrer ins Kino geschickt, um sich Schindlers Liste‘ anzuschauen“.
Natürlich wird so etwas auch von anderen gelesen, und natürlich wundert es nicht unbedingt, daß sich viele Deutsche deshalb um ihre Zukunft sorgen: 20 000 Weiße, erklärt mir ein deutscher Hotelmanager vertraulich, hätten die Namibier früher oder später gerne außer Landes, soviel sei sicher. „Glauben halt, sie könnten alles alleine, die Schwarten. Sollen sich doch mal angucken, wie’s heute schon zugeht!“ Und daß Präsident Sam Nujoma und seine Marxisten-SWAPO die Deutschen nicht auf der Stelle vertrieben hätten, das sei doch nur dem Umsturz in Osteuropa zu verdanken: „Der hatte doch auf einmal niemanden mehi; von dem er Geld bekam.“ Er schaut mir konspirativ in die Augen. Man dürfe das ja nicht laut sagen, sagt et, bevor er’s laut sagt: „Die stehen doch eine Stufe unter uns.“
„Do you have unleaded?“ (Entsetzen in den Augen des Tankwarts) „bu haven’t got unleaded? Un-leaded?“ (Plötzliches Erkennen) „Wenn Sie bleifrei meinen – die zweite Säule links.“ VCfer nach Namibia kommt, muß viel Auto fahren – das Land ist so groß
wie die Bundesrepublik und Frankreich zusammen. Beliebteste Leihwagen am Flughafen von Windhoek sind Four-Wheel-Drives mit der Möglichkeit, schwere Lasten auf Kühler und Dach zu befestigen: Wenn der deutsche Frührentner schon mal im wilden Afrika ist, will er den Lieben zu Hause natürlich auch eine Reisetrophäe präsentieren. Tausend Dollar zahlen lizensierte Wilderer namibischen Farmern für den Abschuß eines Jaguars, von dem zu Hause dann verschwiegen wird, daß er seit vier Tagen in einer Fallgrube gesessen hat und dortselbst auch abgeknallt wurde. Kein Wunder, daß die Stimmung bei den ankommendenjägern ganz prächtig ist, wenn sie sich im knitterlosen Großwild-Outfit am Airport-Schalter „Firearms“ ihre mitgebrachten Gewehre aushändigen lassen, den Colt zwischen Bierbauch und Hosengummibund klemmen und anschließend in ihren Rovern ausschwärmen, um über Schotterpisten zu brettcrn, als fuhren sie nachts zwischen drei und vier auf der A8. Zwischen 20-30 deutsche Urlauber sterben Jahr für Jahr auf Namibias Straßen – mehr, als in allen übrigen afrikanischen Staaten zusammen. Nochmals die „Allgemeine Zeitung“: „Immerhin ist durch den von Deutschen oft gefürchteten Schlangenbiß noch kein einziger Tourist ums Leben gekommen. Die Touristen sollten den Autos und den Schotterstraßen mit noch viel größerem Respekt begegnen als den Schlangen.“
In Swakopmund gibt es keine Schlangen – und wenn es nach den Besitzern der mit „F*** the Rhinos – Saves the Whites“-Aufklebern verschönerten VW-Käfer gehen würde, wäre bald ganz Namibia befreit von diesem und ähnlichem Geschmeiß. Swakopmund sieht aus wie Büsum zur Kaiserzeit: Gepflegt, sauber, putzig, eine Stadt mit deutschen Bäckereien, deutschen Metzgereien und einer deutschen Buchhaltung, in der man erbauliche Werke mit Titeln wie „Mein schönes Südwest“ oder „Namibias heimlicher Reichtum -Begegnung mit Südwester Pionieren“ erstehen kann. Minutenlang starre ich auf ein handgeschriebenes Pappschild im Fenster eines Cafes („Skatbrüder, aufgemerkt! Turnier des Männerturnvereins mit großer Tombola“), und weiß nicht, ob ich lachen oder weinen solL Auf der anderen Straßenseite kommen sich die Dackel dreier Rentnerinnen in die Haare.
„Entschuldigen Sie junger Mann – sind Sie aus Deutschland?“
„Hmhmni.
„Wenn ich Ihnen Geld gebe – könnten Sie mir zu Hause wohl ein Foto von Rommel kaufen und es mir schicken?“
„Ich kann mir nicht vorstellen, daß man so was in Deutschland kaufen kann..“
„Dann vielleicht eins von Dönitz?“
Peter Haller bezeichnet sich selbst als Kunsthändler: Ein Mann mit verkniffenen Augen und kriecherischem Gehabe, hinter dem ab und zu schlecht verhohlene Gefährlichkeit aufblitzt. Zusammen mit hundert Masken, geschnitzten Statuen und Jahrhunderte alten rituellen Utensilien afrikanischer Stämme hat er sich in seinem Laden hinter vergitterten und elektronisch Gesichtern Türen verbarrikadiert. Kunden mit weißer Hautfarbe wird geöffnet. Schwarze müssen draußenbleiben. „Die klauen zuviel“, meint Haller, und ob ich mir vorstellen könnte, was für Werte er hier herumstehen habe? Kriegsmasken aus „Zaire, Kopfschmuck von zentral-afrikanischen Medizinmännern, „äußerst seltene Stücke, kaum ranzukommen: So ein Sortiment finden Sie nirgendwo in Afrika!“ Woher er die Sachen beziehe? Tauschhandel, sagt er, gebrauchte Jeans und Tabak gegen traditionelle Kunst, über Mittelsmänner und in Gegenden, „wo keinem Weißen was verkauft werden würde“. Genau so hat Peter Minnuit damals Manhattan den Indianern abgeluchst In Nebenraum gelingt es Herrn Haller nicht mehr rechtzeitig, eine Tischdecke über einen Stapel Kartons zu ziehen. Innendrin liegt, säuberlich gefaltet und in Plastikfolie verschweißt, ein Sortiment Reichskriegsflaggen. Augenblicklich beginnt eine erbärmliche Litanei: Daß man hier in Südwest ein anderes Verhältnis zu diesem Banner habe, daß exakt dies die Flagge gewesen sei, die die ersten Deutschen an Namibias Gestaden gehißt hätten, daß das nichts mit Verklärung großdeutscher Herrlichkeit zu tun habe, nein, absolut nichts, daß.- Der laute Türalarm unterbricht ihn. Draußen steht ein junger Schwarzer mit einem afrikanischen Daumenidavier in der Hand. Haller geht raus und drückt dem Mann zehn Dollar in die Hand. Das Preisschild, das er gleich auf das Instrument kleben wird, wird den zehnfachen Verkaufepreis anzeigen. „Sie schreiben doch wohl nichts darüber, oder?“
Man ist vorsichtig geworden in Namibia: Zu viele unschöne Erfahrungen hat man in den letzten Jahren gemacht, mit Reportern aus dem neuen Deutschland, das so wenig mit dem alten zu tun zu haben scheint. Peter Haller windet sich.
Neonazis? Gott behüte! Dumme Propaganda sei das, alles fingiert: die Geburtstagsfeiern zu Ehren des Führers, die Altnazi-Treffen im Bierkeller und das Hissen der Hakenkreuzfahne auf Swakopmunds Aussichtsturm am 20.4. genauso: „Sie hätten mal sehen sollen, wie das um die Welt ging! Alles nur, um uns Südwester schlecht zu machen!“ Die alten Männer mit Hakenkreuzorden am Revers? Medienmache! Die deutschen Pfadfinder, die auf dem Soldatenfriedhof mit Trommelwirbel einmarschieren und „Ich hart‘ einen Kameraden“ anstimmen? „Inszeniert. Und wenn nicht – ist das was Schlechtes, dem Andenken seiner Vorfahren Ehre zu erweisen? Außerdem war das nicht in Swakop, sondern in Lüderitz.“
Auch Lüderitz ist so eine Südwest-Hochburg, umklammert von den Pranken der Namib, mit dem Rücken zum grauen Atlantik. Mit jedem Tag kommen die Sanddünen nähet; unaufhaltsame goldgelbe Gletscher. Feiner Sand verweht die Gartenzwerge und Holzbambis in Vorgärten, macht Straßen unpassierbar, saugt das Trinkwasser aus dem Boden. Lüderitz ist dem Untergang geweiht und will es nicht wahrhaben, obwohl seine Wirklichkeit längst einer Müllhalde der verlorenen Illusion gleicht. Wie Karies nagen Sand und Salz an den Jugendstil-Märchenschlössern, die sich die deutschen Diamanten-Barone hier vor 100 Jahren gebaut haben – eine ästhetische Unverfrorenheit der afrikanischen Natur, die auch die mit deutscher Gründlichkeit zu Werke gehende „Rettet Lüderitz“-Bewegung bislang nicht verhindern konnte. Was vielleicht auch daran liegen mag, daß Märchenschlösser in Afrika nix verloren haben.
Dabei liegt das beste Beispiel nur zehn Kilometer weiter im Landesinnern. Nichts an der Diamanten-Stadt Kolmanskopp erinnert noch an die Epoche, als das Glück hier sprichwörtlich auf der Straße lag und man sich bloß bücken mußte, um steinreich zu werden. Heute faucht der Wind durch Ruinen, in denen die Verwehungen längst Mannshöhe erreicht haben. Angesichts des Erlebten ist Kolmanskoop in seiner Verlassenheit ein Ort des Trostes – und der Hoffnung: Wenn alles andere es nicht schafft – vielleicht gelingt’s der Wüste. Nachklapp, ganz am Ende der Reise: Eine Begegnung der dritten Art, ganz persönlich. Vor einem Geschäft in Windhoek, dessen flackerndes Neon ein blaues „Foto Nink“ in den Abend hinausstrahlte. Drinnen verkaufte eine farbige Namibierin deutschen Touristen Diafilme. Ob sie Frau Nink sei, wollte Herr Nink wissen. Nein, lachte sie, die Ninks hätten den Laden schon Vorjahren verkauft – ihr Name sei Tambajanu, aber das lasse sich so schwer aussprechen, und die Ladenfront sei auch nicht breit genug für so viele Buchstaben, und außerdem kämen dann weniger deutsche Touristen herein, also würde sie ihn nicht ändern. Wäre mir nach all dem trotzdem lieber.