Zum 80. Geburtstag von Robert De Niro: Die Stecknadel
„Der Pate – Teil II“, „Taxi Driver“, „Raging Bull“, „Casino“ – Robert De Niro ist der Inbegriff des Kinoschauspielers. Eine Laudatio zum 80. Geburtstag
Die Frage ist ein Running Gag. „Wann hat es eigentlich aufgehört, dass man gespannt war auf einen Film mit Robert De Niro?“ Die übliche Antwort ist: „Seit er aufgehört hat, mit Martin Scorsese zu drehen.“
Vielleicht war es auch nach „Showtime“, 2002. Oder nach „Meet The Fockers“, 2004. Robert de Niro spielte jetzt in Action-Filmen und Komödien.
Aber dann ist er in „Everbody’s Fine“ von Kirk Jones (2009) wiederum sehr gut als Frank Goode, als älterer, trauriger Mann, der nach dem Tod seiner Frau seine Kinder besucht und mit dem Zug von Stadt zu Stadt fährt. Aus dem Fenster sieht er seine frühere Arbeit. Er befestigte Telefondrähte an Masten. Und als geduldiger Praktikant und Chauffeur von Anne Hathaway in „The Intern“ (2015) ist er auch sehr gut.
Und er hat nicht aufgehört, mit Martin Scorsese zu drehen. In „The Irishman“ (2019) spielt er noch einmal seine alte Rolle, aber der bockige Al Pacino stiehlt den Film. Und im Herbst werden wir ihn in „Killers Of The Flower Moon“ sehen.
Der junge Robert De Niro erinnerte an den jungen Marlon Brando
Es war aber nicht Scorsese, der De Niro für den Film entdeckte. 1965 hatte er eine winzige Rolle in einem kleinen Film, dann spielte er in einem Kurzfilm. Dann besetzte Brian De Palma ihn für „Greetings“ (1968), einen anarchischen Klamauk. Und dann für „Hi! Mom“ (1970), einen anarchischen Klamauk. Dazwischen wurde De Niro für seine Rollen bei Off-Broadway-Stücken gefeiert. Shelley Winters fühlte sich an den jungen Marlon Brando erinnert. Wer nicht. De Niro sprach für „Der Pate“ vor, aber er bekam die Rolle nicht. 1973 war er neben Harvey Keitel in „Mean Streets“ die Schau.
In „Der Pate 2“ (1974) spielte er dann den jungen Vito Corleone. In dem Film sind also Al Pacino und Robert De Niro, doch sie begegnen sich nicht. De Niro bekam für diese Hauptrolle den Oscar für die beste Nebenrolle. Jerome Charyn schreibt in „Movieland: „Er ist das große Objekt unsere Begierde, ein ähnliches Phantom, wie Brando es gewesen war. Vielleicht ist der Star immer weiblich, auch wenn er ein Mann ist …“
Mit Bernardo Bertolucci drehte De Niro in Italien „1900“. In New York wartete Scorsese auf ihn. Sie drehten im Sommer 1975 „Taxi Driver“. Travis Bickle in seiner Armeejacke änderte das Kino. Er änderte das Schauspiel. Er änderte das Drehbuchschreiben. Robert De Niro war nun der berühmteste Schauspieler der Welt. Auch Scorseses verrücktes Musical „New York, New York“ (1977) konnte ihm nichts anhaben. Er trägt Michael Ciminos „The Deer Hunter“ (1978). Er steigt in die Berge und jagt einen Hirsch. Es ist ein überwältigendes Bild der Einsamkeit.
Dann kam „Raging Bull“ (1979). Der Film beginnt mit dem Ende, dem dicklichen Jake La Motta in einer Garderobe. Danach sieht man den dünnen, zähen Jake La Motta beim Boxen und beim Sex. De Niro hatte viele Nudeln essen müssen, es dauerte sechs Monate. „Sein nadelartiges Renaissance-Aussehen kriegte er nie wieder“, schreibt Jerome Charyn.
Inbegriff des Kinoschauspielers
Aber er kriegte etwas anderes. Er war Noddles in Sergio Leones Epos „Once Upon A Time In America“. In „Falling In Love“ (1984) spielt er neben Meryl Streep einen Bauingenieur, der sich in einem Buchladen in eine verheiratete Frau verliebt. Der Film ist kaum bekannt, aber es ist einer der schönsten Filme über die Liebe. Er spielte in „The Untouchables“, in „Angel Heart“, in „Awakenings“, mit Jane Fonda in Martin Ritts „Stanley & Iris“ und eine kleinere Rolle in Scorseses „GoodFellas“ (1990). Ein Jahr später übertrieb er seine Rolle in „Cape Fear“. 1993 inszenierte er den Film „In den Straßen der Bronx“, geschrieben von Chazz Palminteri.
Dann kam Michael Manns „Heat“. Dann Scorseses „Casino“. Dann Quentin Tarantinos „Jackie Brown“. Dann ging man nicht mehr für jeden Film mit Robert De Niro ins Kino.
Aber wie aufgeregt sind wir jetzt, vor „Killers Of The Flower Moon“! Am Donnerstag (17. August) wird Robert De Niro, Inbegriff des Kinoschauspielers, 80 Jahre alt.