Wortlose Sehnsucht

Der Wiener WALDECK lässt seine Musik in London frische Luft atmen - und will nicht länger als Elektroniker gelten

Dieser Mann könnte Ärmelschoner tragen oder auch livriert durch die Gegend laufen, ohne kostümiert zu wirken. Nur kämmen müsste er sich vorher noch.

Sehr gut passt Klaus Waldeck in die Dämmerung, am besten noch in die geschlossener Räume. Wenn es verraucht und holzgetäfelt zugeht und drei Rotorblätter an der Decke träge in der Luft rühren und trotzdem nichts und niemand im Raum sich schneller als sie bewegt, dann würde Waldeck wahrscheinlich still und leise lächeln. Es ist beruhigend, dass Leute wie er zur Musik finden.

Was ihn allerdings viel Mühe kostet und womöglich auch gar nicht ginge, wenn er nicht reisen könnte. Immer nämlich dann, wenn sich „ein paar Melodiefetzen, vielleicht ein Bass-Riff oder die fixe Idee eines Rhythmus“ zum Aufnahme-Fragment, zur ersten Hörprobe für die nächsten Vertrauten verdichtet haben, lässt sich Klaus Waldeck aus der Heimatstadt Wien ausfliegen: „Ich hab noch nie probiert, dort einen Track aufzunehmen.“ Obwohl sie alle doch, wie Rezensenten nicht müde werden zu schreiben, nach der Metropole der Melancholiker klingen.

, Aber wenn ich dann in London im Studio bin“, erläutert der frühere Jurist, „hisse ich meine Ideen die Luft der fremden Stadt atmen. Man hört das hinterher.“ Man spürt das sogar fast.

Waldecks Labor-Arbeiten sind wie gedämpfte Übersetzungen urbanen Lebens und seines Lärms in oft unheilvolle, stets süß lähmende Sounds, deren Taktfrequenz aus dem zweistelligen bpm-Bereich nie herausfindet. „Wenn man mit Synkopen und verschleppten Delays arbeitet“, sagt er“muss man auch Raum für deren Unterbringung einplanen.

Schnell gespielt verliert meine Musik beinahe komplett ihre Wirkung.“

Da wären all die schönen, leicht klebrigen Gesänge, die Dubs aus dem tiefen Keller und die verwischten Erinnerungen an den Jazz nur noch Gimmicks und billige Gags. So aber wirken sie – glaubt Waldeck „wie früher die Musik von Pink Floyd und King Crimson, mit der ich als Teenager meine Kontakte zur Musik startete.“

Über das Kopieren indes ist Waldeck lange schon hinausgewachsen. Jetzt gilt es, die Gegenwart hinter sich zu lassen. „Das Zeitgemäße steht ja sowieso immer ein bisschen im schlechten Geruch des Modischen“, lächelt er und will nun erstmal das Prädikat des Elektronikers loswerden.“Ich habe diese Phase längst überschritten und den Weg zur Live-Performance eingeschlagen.“

Unter Zeitdruck beschreibt der Sound-Zauberer seine Musik als „sehnsüchtig und imaginary“. Und wie klingt Sehnsucht so fast ohne Worte? „Da müsste ich semantisch werden und sagen: wortlos.“ So wie sie ihre Hörer zurücklässt eben.

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