„Wir sind eine garstige, aber grazile Bestie“ – The Heavy im Interview
Die Indie-Rock-Band über Quentin Tarantino, einen möglichen James-Bond-Song und den typischen „Heavy Sound“
Die britische Band aus Noid in der Nähe von Bath spielt alles: Rock, Blues, Funk, Soul, Disco – Hauptsache es groovt. Ihr Song „How You Like Me Now?“ von 2009 war der erste Hit von Kelvin Swaby, Daniel Taylor, Spencer Page und Chris Ellul. Für das „Berlin-Live“-Konzert der arte-Berlinale-Party im SchwuZ-Club in Neukölln (09. Februar 2019) stellen The Heavy Songs aus ihrem neuen Album „Sons“ vor.
Vorab sprechen sie mit ROLLING STONE über ihre Soundtrack-Chancen für die nächsten Filme von Quentin Tarantino und James Bond und darüber, was den einzig wahren „Heavy-Sound“ ausmacht.
Ist das heutige Konzert das erste, bei dem ihr Songs aus dem neuen Album vorstellt?
Spencer: Es ist der erste Gig mit dem neuen Album im Gepäck und der erste seit langer Zeit.
Daniel: Wir spüren ein wenig Druck – gleich mit neuen Songs zu starten und dann wird es auch noch gefilmt. Wenn das am Ende einer Tour wäre, wo man schon im Flow ist und die Band sehr tight ist, würde man sich natürlich entspannter fühlen. Aber ein bisschen Druck ist immer gut, wir haben ja auch geprobt.
Die erste „öffentliche“ Probe.
Dan: Genau, es wird im Fernsehen ausgestrahlt, es muss also richtig gut werden!
Spence: Wir müssen uns wirklich anstrengen, mittlerweile landen ja immer kleine Ausschnitte auf YouTube.
Ihr stammt aus der Nähe von Bath bei Bristol. Eine schöne Stadt, aber nicht wirklich ein Hotspot der britischen Musikszene, oder?
Kelvin: Es hat ein paar großartige Musiker hervorgebracht!
Dan: In Bath gibt es eine fantastische, sehr berühmte Konzert-Location namens „Moles“, in der zwischen den 70ern und 90ern viele namhafte Bands aufgetreten sind, wie z.B. The Smiths, The Cure, Oasis, Blur und so…
Chris: Mumford & Sons!
Spence: Das war natürlich ein Witz!
Dan: Es ist also nicht wirklich eine Musikstadt. Ich würde es nicht unbedingt als Szene-Stadt bezeichnen, aber man macht eben seine eigene Szene daraus, weißt du.
Chris: Naja Tears For Fears sind aus Bath, und ein anderer bekannter Künstler, Peter Gabriel, lebt dort. Und es gibt das Studio im „Moles“, wo viele gute Platten aufgenommen wurden.
Dan: Im „Moles“ hat alles angefangen. Wir haben dort gespielt und die ersten Songs ausprobiert. Und auch die Leute im Studio haben uns unterstützt und an die Hand genommen. Das braucht man: Menschen, die an dich glauben.
Das Konzert im Stream:
Wann stand die Entscheidung, letztlich eine eigene Band zu gründen?
Dan: Man hat keine Wahl, wenn man wirklich bei der Sache ist, hat man keine Entscheidung zu fällen. Das Schwierigste an der Sache ist, die richtigen Leute dafür zu finden. Als ich Kelvin getroffen habe, war das wie ein großer Aha-Moment in meinem Leben. Dann kamen Spence und Chris dazu und es wurde zur Realität. Es war keine wirkliche Entscheidung. Man will Musik machen und Songs schreiben.
Kelvin: Ja, und das mit den richtigen Leuten. Diese Geschichte zu erzählen, sich aufeinander einlassen und dann kommen über die Jahre mehr Leute dazu, um uns zu helfen, die Geschichte weiter zuschreiben.
Wie würdet ihr den „Heavy Sound“ in einem Satz beschreiben?
Kelvin: The Heavy ist eine garstige, aber grazile Bestie – sie schlägt heftig ein und umschmeichelt dich anschließend.
Und wenn ihr einen „Signature Song“ wählen müsstet, welcher wäre das?
Dan: Ich denke, das wäre „Heavy For You“, die neue Single.
Kelvin: Ja, alle Elemente, die uns ausmachen sind in diesem einen Song enthalten.
https://www.youtube.com/watch?v=bKExMB_-zKw
Und nicht, weil es die neue Single ist?
Alle: Nein, nein, nein!
Chris: Es ist einfach der ganze Vibe des Songs. Der Beat und alles drum herum. Er ist einfach „in the face“, mit den Riffs und so.
K: Der Song lehrt dich einfach das Fürchten von Anfang bis Ende.
Wie klingt das neue Album „Sons“?
Dan: Wir haben eine Menge Beastie Boys gehört und darüber geredet, als wir die Platte gemacht haben. Eine der größten Bands für mich persönlich und auch ein echter Bezugspunkt. Der Song hat also auch dieses Hip-Hop-Feeling und diesen Swing.
K: Es ist einfach The Heavy. Man kann uns all diese Labels überstülpen, aber letztlich sind wir einfach The Heavy. Das ist das, was wir machen, und man kann uns darin nicht übertrumpfen.
Spence: Die Songs klingen nicht alle wie „Heavy For You“, das wäre ja langweilig.
K: Das wäre schrecklich! Wir können nicht das gleiche Ding zweimal machen. Es mag Künstler geben, die eine große erste Single herausbringen und dann weitere neun Songs auf dem Album haben, die genauso klingen. Wir haben immer ein Mixtape. Es ist ein Mixtape aus Songs, bei denen man aber weiß, dass sie von derselben Band kommen. Wir haben einen persönlichen Stempel auf das Ganze gesetzt.
Viele Songs erinnern in ihrem Stil-Mix und ihrer Atmosphäre an ein James-Bond-Stück. Dabei habt ihr noch nie eines gemacht.
K: Natürlich würden wir gerne eines machen!
Chris: Ja sowas wäre unglaublich!
Spence: Ich hoffe auf die Rolle als nächster James Bond. Ich warte die Entscheidung noch ab. Aber das wäre natürlich Wahnsinn. Wenn man sich nur einmal die bisherigen Bond-Themes anschaut …Dans Lieblingstrack ist der von Adele! (alle lachen)
K: Wenn man das angeboten bekommt – als britische Band kann man es nicht ablehnen. Das wäre verrückt, das wäre dermaßen verrückt!
Aber eure Songs wurden schon mehrfach verwendet. Quentin Tarantino hat „Same Ol“ für seinen „The Hateful-Eight“-Trailer benutzt.
Dan: Ja, für Soundtracks haben sie ein paar unserer Songs schon verwendet, aber wir haben noch nie speziell für einen Film die Musik geschrieben.
Spence: Man hat natürlich immer Tarantino im Kopf, weil seine Soundtracks großartig sind. Wie er Musik einsetzt. Als er also „Same Ol“ nahm, war das schon ziemlich cool!
Dan: Es fühlt sich immer so an, als gäbe es dieses eine große Thema in seinen Filmen, egal, ob es die Geschichte beschreibt oder Orte oder Menschen. Wie eine Art Handschrift. Ein bisschen so wie bei Jim Jarmusch, wie er seinen Musikgeschmack in den Filmen einfließen lässt. Das war etwas, mit dem wir uns sehr identifizieren konnten.
Wie haben sich seit eurem letzten Album „Hurt & the Merciless“ Produktion und Songwriting verändert?
K: Ich glaube, The Heavy ist wie ein Charakter, der größer ist als das Leben selbst. Dadurch sind wir in der Lage, darüber hinaus zu denken, was wir als vier Personen in einem Raum machen müssen. Wenn wir das also durchziehen wollen, braucht man Qualitäten um das eigene Ego abzustreifen. Und so muss auch die Produktion klingen. Sie muss so groß sein wie die Ideen, die dort eingeflossen sind, und das muss kurz und klar geschehen.
Was wollt ihr mit eurer Musik bei den Leuten erreichen?
Dan: Einfach Freude! Und auch Gefühle transportieren, die einen aus dem Alltag reißen und irgendwohin mitnehmen. Ganz kann man dieses Gefühl nicht beschreiben.
Spence: Oder aber auch Kummer. Ich glaube, traurige Songs können noch größeren Einfluss auf deine Gefühle haben und etwas auslösen.
Dan: Ja, solange es gelingt eine Emotion zu schaffen, die ein Gefühl auslöst. Und moderne Musik hat ein wenig die Seele verloren, dieses Gefühl zu schaffen.
Also ist es in Ordnung, wenn die Leute tanzen, aber auch wenn sie weinen.
Ja genau! Sie sollen einfach etwas fühlen können.
The Heavy kommen mir ihrem neuen Album „Sons“ für ein Konzert in die deutsche Hauptstadt:
- 25.05.2019 Berlin, Lido