Markus Söder findet Verkaufsstopp von „Winnetou“-Büchern feige
Der Ravensburger-Verlag hatte entschieden, zwei Winnetou-Bücher aus dem Programm zu nehmen. Nun tobt (einmal mehr) eine Schlacht um die Deutungshoheit von Karl Mays bekanntester Romanfigur.
Die Debatte um kulturelle Aneignung macht auch vor Winnetou nicht Halt: Nachdem der Ravensburger-Verlag entschieden hat, zwei Bücher aus dem Programm zu nehmen, ist in Deutschland ein heftiger Streit entbrannt. Ein Unternehmenssprecher hatte am Montag (22. August) bestätigt, dass die Auslieferung des Buchs aufgrund „verharmlosender Klischees“ über die indigene Bevölkerung gestoppt wurde.
Viele sehen in Winnetou „Werk der Völkerverständigung“
Der Chef des 1918 gegründeten Karl-May-Verlages Bernhard Schmid hat die Entscheidung scharf kritisiert: „Karl May war in den vergangenen 130 Jahren immer wieder Zielscheibe falscher Anschuldigungen. Ende des Kaiserreichs wurde er mit Vorwürfen verfolgt, weil er zu pazifistisch und auf Völkerverständigung bedacht war. Heute wirft man ihm vor, er sei Kolonialist und Rassist. Das ist blanker Unsinn!“, sagte er der „Bild“-Zeitung.
Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hält von dem Verkaufsstopp herzlich wenig: Er bekräftigte einen Twitter-Post des CSU-Politikers Florian Hahn mit dem Wort „Absolut“. Der Bundestagsabgeordnete hatte geschrieben: „#Winnetou ist ein Werk der Völkerverständigung und der Freundschaft. Daraus einen woken Shitstorm zu erzeugen ist schon armselig genug. Aber dass der Ravensburg-Verlag daraufhin einknickt und das Buch vom Markt nimmt, ist ebenso feige wie absurd.“
Für den Karl-May-Experten Andreas Brenne sind die auf den Kinderfilm „Der junge Häuptling Winnetou“ basierenden Bücher unbedenklich: „Ich halte es für nicht richtig, ein solches Buch nur aufgrund eines Shitstorms aus dem Verkehr zu ziehen“, sagte der Kunstpädagogikprofessor der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Dabei werde schon in einer Vorbemerkung klargestellt, dass das Buch als fiktionale Geschichte und nicht als sachgerechte Darstellung des Lebens indigener Völker zu verstehen sei.
Laut Kritikern zeigt Winnetou ein geschichtliches Zerrbild
Damit hat er ein Kernargument der Kritiker des Winnetou-Stoffs aufgegriffen. Sie behaupten, dass das Leben von Indigenen in den Erzählungen romantisiert werde: Weiße Menschen würden sich einer Kultur bedienen, die nicht ihre eigene ist. Problematisch sei das vor allem, wenn Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft sich einzelner Elemente der Kultur einer Minderheit bemächtigen, sie kommerzialisieren und aus dem Zusammenhang reißen.
+++Dieser Artikel ist zuerst auf musikexpress.de erschienen+++