William Shatner: Kraftkerl, dem nichts Menschliches fremd ist
Am Montag feiert der als Captain Kirk berühmt gewordene William Shatner seinen 90. Geburtstag. Würdigung eines Don Quijote des Weltraums, der zum altersweisen Ironiker geworden ist.
Diese Astronauten waren ja immer uncharismatische Helden – sogar die Männer vom Mond brachten keinen Glamour mit, nur Steine. Neil Armstrongs vorgefertigte Sentenz von dem großen Sprung für die Menschheit hätte besser zu Captain Kirk gepasst: Der Kommandant der „Enterprise“ verband stets Autorität mit Bonhomie und einem Pathos, das so weit war wie die Unendlichkeit des Weltraums.
Kirk durfte bei Eignungstests schummeln, er durfte sich verlieben, er durfte Halluzinationen haben und sich irren – Kirk blieb immer das menschliche Gewissen, der Mann im Andromedanebel, die Moral im Sturm.
Kapitän mit der schmalzigen Tolle
In der Fernsehserie von 1966 an und später in den Kinofilmen war William Shatner dieser Don Quijote der Galaxie. Vorher war er in seiner Heimatstadt Montreal und in New York im Theater, dann in Spielfilmen aufgetreten, hatte 1962 eine Nebenrolle als GI in Stanley Kramers „Urteil von Nürnberg“. Mit „Raumschiff Enterprise“ wurde er zum Fernsehstar, zum Kapitän mit der schmalzigen Tolle und später der Minipli-Frisur.
Er verkörperte das Primat der Emotion über die Logik von Mr. Spock, der Wurschtelei über die Wissenschaft, der Intuition über die Wahrscheinlichkeit. „Beam me up, Scotty!“ ist einer der berühmtesten Sätze der Fernsehgeschichte, die Verbindung mit dem Vulkanier Spock die schönste Männerfreundschaft mit einem Außerirdischen. Das innige Verhältnis zu dem Arzt ,,Pille“ gründete auf Kirks Anfälligkeit für Sentimentalität und seinen Hang zum Grübeln; auf der Erde wäre er ein Alkoholiker geworden.
William Shatner auf der Bühne
William Shatner ist selbst ein Theatraliker: 1968 nahm er eine bizarre Platte mit ,,Mr. Tambourine Man“, ,,Lucy In The Sky With Diamonds“ und Shakespeare-Deklamationen auf, im Jahr 2004 überraschte er mit einem Album, das Ben Folds für ihn arrangiert hatte: Er trug mit gutturalem Sprechgesang beliebte Pop-Songs wie „Common People“ von Pulp vor.
In einer Folge von „Columbo“ sah man ihn als reichen und despotischen Fernsehproduzenten mit Golfwägelchen und Villa; ein öliges Ekelpaket der Saturiertheit. In der Anwaltsserie „Boston Legal“ brillierte er neben James Spader, nun zum altersweisen Ironiker geworden, immer noch ein Kraftkerl, dem nichts Menschliches fremd ist.
Heute wird William Shatner, unser Kapitän des Herzens, 90 Jahre alt. Ein großes Datum für einen Menschen, eine kleine Spanne nur im Universum.