Willander Sieht Fern: Grüezi miteinand‘!
Wie die Schlagersängerin Beatrice Egli in der ARD "Die große Show der Träume" verkauft
Beatrice Egli ist eine dralle blonde Schlagersängerin aus der Schweiz, die als Nachfolgemodell von Helene Fischer aufgebaut werden soll. Sie ist kaum jünger, aber weniger sportlich als die Fischer. „Die große Show der Träume“ ist eine Replika von Rudi Carrells Show „Lass dich überraschen“ aus dem letzten Jahrhundert. „Nur für dich ist diese Nacht / Sie ist aus deinen Wünschen gemacht“, singt sie zu dem marktüblichen Bierzeltbummbatsch aus dem Computer. Vier Männer heben sie horizontal in die Höhe. Vielleicht sind es die ersten Männer, die in dieser Sendung ihrem Traum näherkommen.
„Grüezi miteinand’!“, ruft die Egli dann. „Sie sind ein Traumpublikum – das kann ich mit Überzeugung sagen.“ Wie will sie da bloß rauskommen? „Auch für mich geht ein Traum in Erfüllung: die erste eigene Samstagabend-Show!“ Der Saal bebt. Die erste Künstlerin „könnte die Show ganz allein ausfüllen – aber das wäre nicht mit dem Jugendschutzgesetz vereinbar“. Für einen Moment hofft man, Miley Cyrus oder Sasha Grey kämen auf die Bühne – aber es folgt ein Filmchen über die 13-jährige Clara, die Ukulele spielt und singt. Clara ist eine verzupfte Blondine mit Zahnspange. Ihre Mutter sagt, sie sei anfangs skeptisch gewesen: „Kann sie nicht einfach einen vernünftigen Job lernen?“ Jetzt singt Clara auf der Bühne ihr eigenes Lied. Sie klingt genau wie Annett Louisan.
Der Gaudibursch Andreas Gabalier kommt aus den Kulissen. Gabalier zieht die Nummer ölig grienend durch, er lässt sich von Clara ein Autogramm auf einen Zettel schreiben – von „Brian Johnson, Status Quo und den Rolling Stones“ hat er schon welche. Man sieht ein Foto vom Andi, als er die Haare noch nach vorn gekämmt trug und in Graz die Quetschkommode spielte. Beatrice Egli fragt ihn nach Ratschlägen für die Jugend. Andi hält damit nicht hinterm Berg: „Dass man was Eigenes auf die Bühne stellt – denn es gibt ja schon so viel.“ Er hätte auch sagen können: „Mädchen, das wird nichts.“
Nun kommen junge Männer aus St. Gallen, die in der Stadt über Hindernisse springen, die andere Leute umgehen. Beatrice begrüßt im Studio einen Meisterspringer mit dem Hammersatz: „Schön, dass du auf einen Sprung vorbeigekommen bist.“ Und es kommt noch besser: „Du bist auf dem Sprung nach Hollywood, zu Steven Spielberg.“ Als Double für einen Schauspieler, der nicht so gut springen kann. Ein Vogelstimmen-Imitator mit Tirolerhut pfeift österreichische und bayerische Buchfinken nach.
Egli trägt jetzt ein Kleid, einen Traum aus Lindgrün und Gelb. Das „Redaktionsbüro in Berlin“, in dem sie plötzlich zu sehen ist, hat einen Musiker ausfindig gemacht, dessen Video auf YouTube „mehr als zwölf Millionen Klicks“ hat. „Hoch über den Dächern der Millionenmetropole“ wird schon wieder ein Video mit Jona gefilmt, da überrascht ihn Beatrice, die das Redaktionsbüro verlassen hat. Jona spielt Gitarre, aber auch Cello. Den ersten Triumph hatte er mit 14 Jahren beim Schulfest, als er „Californication“ sang. „Du hast da das T-Shirt ausgezogen, ne?“, säftelt Beatrice.
Howard Carpendale kommt in Turnschuhen: „Immer wieder sagen die Lieder / Es ist alles noch da.“ Howie ist noch da, das Schulfoto aus Durban ist noch da, die Geschichten vom Cricket sind noch da. „Es ist sehr schwer geworden heute“, gibt Howie den jungen Men- schen mit auf den Weg. Dann tanzt ein gehörloser afrikanischer HipHop-Lehrer. Beatrice trägt nun ein enges Paillettenkleid. Zwei schwäbische Studenten mit Strohhüten „wollen die sozialen Netzwerke sozialer machen“; sie haben schon Millionen Klicks für ein Video, das sie dabei zeigt, wie sie in einer Fußgängerzone neben einem Bettler auf einen Eimer klopfen und Gitarre spielen und einen Strohhut hinlegen, in den ein Kind sogleich eine Münze wirft. Sie geben dem Bettler den Strohhut, er guckt verdutzt. Aber es war gar kein Bettler, sagen sie auf Eglis Sofa – vorsichtshalber haben sie einen Schauspieler in die Fußgängerzone gesetzt. In Mexiko wurde es schon nachgemacht.
Beatrice singt den ideellen Gesamtsong aus Wolfgang Petry, den Toten Hosen und Matthias Reim: „Alles, alles, alles war es wert/ Es ist der Wahnsinn, was hier passiert.“ Und jetzt, da alles, alles, alles vorbei ist, ruft Beatrice Egli: „Beste Gesundheit!“