Wie Pop sind die Olympischen Spiele in Paris?

Gwen, Snoop, Gaga, Celine und die anderen feiern eine große Party. Und ja: Diskuswerfen gibt es auch noch

Es hat angefangen mit „Street“-Sportarten Breakdance, Skateboarding und 3×3-Basketball im offiziellen Wettkampfprogramm. Dann tauchten Snoop Dogg und MC Solaar als VIP-Träger der olympischen Fackel auf; bis hin zu all den offiziellen und semi-offiziellen Songs der 33. Spiele in Paris. Die Liste der Promis, die sich auf irgendeiner Tribüne im Designer-Zwirn sehen lassen, ist ellenlang.

Allein bei der Eröffnungssause entlang der Seine spielen 550 Musiker und Musikerinnen, begleitet von 3.500 Tänzern. Eine Inszenierung wie bei Kleopatra. Während die Athleten auf Booten vorbeischippern, wird auf Brücken, Gebäuden oder in Flugzeugen (!) eingeheizt. Die dazu geschmetterte Olympia-Hymne von Soundmeister Victor le Masne im 1970er-Retro-Stil des Philadelphia Soul heißt sinnigerweise „Parade“. Ein Auftakt mit French Disco.

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So viel Pop bei Olympia war noch nie. Am heutigen Donnerstag (25.07.) wird „Hello World“ von Gwen Stefani und Multi-Rapper Anderson Paak vorgestellt. Produzent der Chose ist OneRepublic-Zampano Ryan Tedder, der bereits Adele oder Beyonce aufs Charts-Pferd geholfen hat. Eine zuckrige Hymne in enger Kooperation mit dem Brausekonzern Coca-Cola, der seit Jahrzehnten enger Partner der Olympioniken ist. 1996 gab es ja bekanntlich eine „Cola-Olympiade“ am Firmensitz Atlanta. Mit Marketing-Power und Tedders Händchen für Mega-Hits wird uns „Hello World“ durch die kommenden Wochen begleiten.

„All It Took“ als Zeichen für enorme Widerstandsfähigkeit und Hoffnung, welche die Flüchtlingssportler auszeichnet

Da rückt das Boulevard-Geraune um die fürstliche Gage für Celine Dion fast schon wieder in den Hintergrund. Die Franco-Kanadierin, die wegen einer schweren Autoimmun-Krankheit seit 2020 nicht mehr auftreten konnte, soll zumindest einen Song bei der Opening-Zeremonie kredenzen. Für kolportierte zwei Millionen Euro. Offiziell hält man sich bedeckt. Doch Dion wurde bereits vor einem Pariser Hotel mit umgehängter Olympia-Akkreditierung gesichtet.

Um den französischen Musikbeitrag von Aya Nakamura gab es bereits massives Sperrfeuer aus dem rechten Lager. Ihre Interpretation von Nationallegende Edith Piaf sorgte für rassistische Anfeindungen auf Social Media. Und ja: Lady Gaga schwirrt, ebenfalls inoffiziell, über die festlich aufgehübschten Boulevards.

Auch für das erstmals 2016 installierte Olympia-Flüchtlingsteam („Equipe Olympique des Réfugiés“) hat man mit dem UK-Rapper Che Lingo und Produzent Manon Dave eine musikalische Umsetzung gefunden. „Der Song ‚All It Took‘ steht für die enorme Widerstandsfähigkeit und Hoffnung, welche die Flüchtlingssportler auszeichnet“, sagt Dave im Interview. Ein Soundtrack von langen, beschwerlichen Reisen, der inspirieren und ermutigen soll.

Gegen all den Fame mag der deutsche Beitrag von Clueso „Für Immer Jetzt“ (mit Trainingsanzugs-Video in der Turnhalle) international weniger Beachtung erzielen. Immerhin dockt der Erfurter Entertainer mit seinem Song atmosphärisch an die Straßen-Wettbewerbe im so genannten Urban Village auf dem zentralen Place de la Concorde an. Die Strategen der Spiele umarmen die vormaligen Underground-Disziplinen und schaffen eine Art Block Party von olympischen Gnaden.

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Für Olympia-Organisationschef Christophe Dubi ist die Anbindung an die Popkultur ein Spiegel „der Verhältnisse dort draußen“, sagt er im Gespräch mit dem ROLLING STONE. „Im Zentrum steht weiterhin der Sport. Punkt. Doch gerade die innerstädtischen Spiele in Paris, im Herzen der Stadt, tragen die Wettkämpfe in ein urbanes Umfeld, egal ob Fechten im Grand Palais oder eben Breakdance als ganz neue Disziplin. Der Zweck der Spiele ist es, die Leistung der besten Sportler zu messen. Doch sie müssen heute definitiv unsere Zeit wiedergeben und dabei unterhaltsam sein. Es geht eben auch die Atmosphäre rund um die Stadien mit Kultur, Essen und allem anderen. Das passiert heute an jedem Wochenende in den meisten Stadien der Welt. Die Olympischen Spiele in Paris heben diese Entwicklung eben auf ein neues Niveau.“

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