Werkschau und Würdigung: Depeche Mode Revisited
Man ahnte gar nicht, wer so alles Depeche Mode liebt. Dachte man bisher, weltschmerzgeplagte Teenager und ehemalige weltschmerzgeplagte Teenager seien die einzige, wenn auch quantitativ erhebliche Kundschaft dieser seltsam verkünstelten Band, wird’s nun evident: Depeche Mode sind Klassiker. Ein sogenanntes Tribute-Album, „For The Masses“, huldigt den Untoten in einer, ja, interessanten Weise. Sogar die Smashing Pumpkins und The Cure würdigen die artverwandten Melancholiker: Beim gotischen „Never Let Me Down Again“ und dem synthetisch eiernden „World In My Eyes“ übertreffen sie die Originale. Aber auch an sich wenig renommierte Bands wie Failure, Meat Beat Manifesto, Hooverphonic und Rabbit On The Moon haben einen guten Job gemacht. Elektroniker wie Gus Gus und Apollo Four Forty, anders als Depeche Mode mit baldigem Verfallsdatum versehen, haben es ebenfalls nicht schwer auf der Schnittstelle zwischen Rock und Elektronika.
Natürlich schießen Rammstein am Ende der Sammlung mit „Stripped“ den Vogel ab, denn dieser Song klingt wie von ihnen erdacht. Sänger Till Lindemann freilich, im Osten sozialisiert, kann lustigerweise das englische „w“ nicht weich grunzen („vood“), obwohl er das deutsche „r“ rollen kann. Das entsprechende Video mit aparten Szenen aus Leni Riefenstahls Dokumentation der Olympischen Spiele 1936 in Berlin beunruhigt schon das befreundete Ausland.
Depeche Mode-Klassiker im Original gibt es jetzt auf „The Singles 86-98“.