Wenn WGs Musik machen: The Mendoza Line aus New York können so fatalistisch, intim und harmoniebedürftig klingen, weil sie voreinander keine Geheimnisse haben
Man kann es schwer nachvollziehen, aber in den USA ist für viele allein der Name der Band The Mendoza Line ein Grund, sich die neue Platte „Lost In Revelry“ anzuhören, weil dieser Name so unfassbar originell ist und etwas mit Baseball zu tun hat: Mario Mendoza aus Chihuahua, Mexiko, spielte 1979 bei den Seattle Mariners eine legendär disaströse Saison mit 148 Einsätzen und nur 74 hits (selbst wenn ich wüsste, was das ist, wäre hier kein Platz für Erklärungen – gute Spieler haben um die 200). Wenn einer noch schlechter ist, sagt man, er rutsche unter die Mendoza line.
„Baseball ist ein Sport, bei dem das Versagen im Mittelpunkt steht“, sagt Sänger und Gitarrist Peter Hoffman, der keinen Ball trifft, aber alle Tabellen auswendig kann und sich selbst einen Nerd nennt, was ja nur ein Euphemismus für Versagerist. Komischerweise haben Versager ja den besten Nerv für die Art von Harmonie, die die Musik von The Mendoza Line zusammenhält, den Chorgesang, die Folk- und Slide-Gitarren, die indiepoppige Sturheit, mit der sich Zeilen über Demütigung und eigene Schadenfreude am Ende immer reimen. „In Athens waren wir die meistgehasste Band, weil wir nicht wie die Beach Boys spielen wollten“, erzählt Hoffman. The Mendoza Line bevorzugen Dylan, Costello und Richard Thompson.
Sie sind aus dem musikalisch überbevölkerten Athens ausgewandert, vor drei Jahren. Es war so, dass Sängerin Margaret Maurice in New York auf die Schule gehen wollte. Als erster schloss sich Kollege Tim Bracy an, weil er damals Margarets Freund war, dann rief der Rest der Band „Wir auch!“, eine bis heute inzestuöse Gemeinschaft. Dass Margaret ging, Tim und die anderen nach dem Umzug verließ, ist jetzt höchstens noch eine Bierbank-Episode: „Es war ein nicht so toller Abschied“, unterdrückt Hoffman sein Lachen, „ich kann es leider nicht genau erzählen.“ Offenbar hatte es was mit Sex zu tun. So wie hinter allen ihren Songs konkrete Intimitäten stecken – Hoffman hat zu jedem die relevanten Namen, Telefonnummern und E-Mail-Adressen. The Mendoza Line sind auch eine trinkfreudige Band, aber es macht nichts, wenn sich einer im Kreis besoffen verplappert, weil eh alle alles wissen.