WENN RAPPER FLIEGEN TRAGEN

Die interessanteste Erscheinung in den flüchtigen Singlecharts ist sicherlich der belgisch-ruandische Rapper Stromae. Sein Hit „Papaoutai“ kommt als flotter, frankophoner Elektro-Breakdance daher und könnte ohne Weiteres aus den karibischen Stadtvierteln New Yorks stammen. Das Video spielt in einer knallbunten Kulissenlandschaft, wo standesgemäß Arme und Beine rotieren, getanzt und gelacht wird. Im krassen Gegensatz zur lebensfrohen Anmutung steht jedoch der Text. Stromae ist auf der Suche nach dem Vater („Papa, wo bist du?“), der ein Opfer des Völkermordes in Ruanda wurde. Nur selten ist ein ernstes, politisches Thema so poppig vermittelt worden wie hier. Selbst Righeras heiterer Anti-Atomkriegs-Song „Vamos A La Playa“ von 1981 reicht kaum an eine solche Diskrepanz heran. Ein höchst interessanter Typ also. Ein wahrhafter Weltbürger der Musik, der als einstiges Mitglied einer HipHop-Crew aus einer Brüsseler Vorstadt auch schon mal eine Coverversion des France-Gall-Gassenhauers „Ella, Elle L’a“ eingespielt hat. Mit Fliege und weißem Oberhemd entspricht er kaum dem üblichen Bild des Soundtüftlers aus dem Internet. Der einstige Filmhochschüler Stromae („Maestro“ mit vertauschten Silben) stellte hier 2009 schrullige Lehrfilme über Soundprogramme und Kompositionstechnik ein, die seitdem weithin die Runde machten. Sein Schnipsel-Track „Alors On Dance“ vom 2009er-Album „Cheese“ schaffte es via Netzverbreitung bis an die Spitze der gesamt-europäischen Charts des US-Branchenblatts Billboard. Der aktuelle Nachfolger „Racine Carree“(Quadratwurzel) machte sich einen Reim auf ur-belgische Themen wie „Moules Frites“.

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