Wen der Country-Verdacht trifft
Erst bekamen Mojave 3 im Getose des Brit-Pop-Hype kein Bein an Deck, doch als sich die Wogen glätteten, steckte man sie in die falsche Schublade
Irgendwann, als es plötzlich mächtig in der Leitung rauscht, meint man, jemand habe in seinem Haus am Meer ein Fenster weit geöffnet Doch Neil Halstead muss einen enttäuschen. „Ist nur wieder irgendwas mit dem Telefon“, lacht der Songwriter und Sänger von Mojave 3. Sooo nah am Wasser residiert er denn doch nicht, da unten in Cornwall. Seit sechs Jahren wohnt Neil Halstead nun schon dort, pendelt eigentlich nur noch nach London, wenn es die Arbeit mit der Band erfordert. Die anderen Mitglieder waren ihm zunächst in die Provinz gefolgt, kehrten aber alle wieder in die Hauptstadt zurück. „Nur ich bin geblieben, denn hier hab‘ ich ein prima Surf-Revier direkt vor der Haustür!“
Dass er ein passionierter Beach Boy ist, vermutet man nicht unbedingt, wenn man die bedächtige Gangart des aktuellen Mojave 3-Albums „Excuses For Travellers “ im Ohr hat. Die richtige Trend-Welle hat er mit seiner Band ohnehin nie erwischt Als Ende 1995 das Mojave 3-Debüt „Ask Me Tomotrow“ erschien, ging es in der Brit-Pop-Hysterie jener Tage (Oasis vs. Blur) gleich wieder unter. Sind die Rahmenbedingungen jetzt nicht etwas besser? „Ich denke, wir passen auch heute nirgendwo rein“, antwortet Halstead. „Aber wenn du erst mal drei Alben gemacht hast, dann tendieren die Leute dazu, dich ernster zu nehmen.“ Kommt es aber nicht auch auf die Qualität der drei Platten an? Ja, stimmt Aber eine Band, die drei wirklich schlechte Platten gemacht hat, übt ja auch eine gewisse Faszination aus.“
Humor ist also kein Fremdwort für Halstead, dem dann noch einfallt, dass „dieses Misstrauen damals auch damit zu tun hatte, dass meine Partnerin Rachel Goswell und ich vorher bei Slowdive waren – und mit Mojave 3 nun eine ganz andere Musik spielten, die von der Allgemeinheit als Country wahrgenommen wurde. Aber darauf haben wir natürlich keinen Einfluss“. Der Einfluss ist dennoch da.
Country, das ist für ihn „Hank Williams, Gram Parsons und Townes Van Zandt – auch Merle Haggard halt ich noch aus“. Andere Vergleiche, die von Nick Drake bis zu den Cowboy Junkies reichen, amüsieren ihn eher: „Vergleiche sind unvermeidlich, wenn man über Musik redet. Gut, wenn man die bewundert, mit denen man verglichen wird, dann ist das toll. Aber wir klingen weder wie Nick Drake noch wie Gram Parsons. Ich weiß, was ich tue.“
Und wo tankt Neil Inspiration für „My Life In Art“ (so ein Songtitel)? „Inspirierend sind für mich vor allem Reisen, Veränderungen zu erleben. Wenn ich zu lange an einem Ort bin, lässt das Verlangen, Songs zu schreiben, rapide nach.“ – Na bitte: Schon wieder ein excuse für seinen nächsten Trip. Denn selbst in Cornwall soll der Wind ja nicht immer günstig stehen.