Weg vom Fenster
Um den Alltag wiederzuentdecken, zog sich die LIGHTHOUSE FAMILY nach Newcastle zurück
Man mag sie nicht mehr hören, die alte Leier von den vielen Schattenseiten des Erfolgs. Deshalb redet die Lighthouse Family auch nicht darüber. Paul Tucker und Tunde Baiyewu erklären nur ganz pragmatisch, warum es so lange gedauert hat, bis das dritte Album fertig war.
Nachdem die „Postcards From Heaven“ Ende ’97 verschickt wurden, reiste das Duo fast zwei Jahre lang damit um die Welt. „Während der Zeit haben wir in dieser Rockstar-Seifenblase gelebt. Um ein weiteres Album zu machen, mussten wir erst mal ins richtige Leben zurückkehren. Sonst hat man ja nichts, worüber man singen kann“, weiß Tucker.
„Whatever Gets You Through The Day „beschreibt nun wieder einmal das „alltägliche Leben mit all seinen Höhen und Tiefen“. Unbeeindruckt von der drängelnden Plattenfirma tüftelte Tucker im eigenen Studio vor sich hin, das er in Newcastle eingerichtet hatte „mit den Leuten, die Abbey Road gebaut haben“, wie er stolz berichtet. Viel Zeit, Geld und Nerven habe das gekostet, doch gelohnt hat es sich. Das nächste Ziel war dann, modern zu klingen und bloß nicht wie „Lighthouse Family by numbers“. Malen nach Zahlen ist nicht Tuckers Vorstellung von Kreativität. Allerdings, gesteht er, bestimme Tundes Stimme schon den Sound, und so klänge nun mal alles, was die Lighthouse Family mache, sofort nach Lighthouse Family. Nicht so schlimm, findet Tucker: „David Lynch sagte mal, man sollte viele Einflüsse aufnehmen, aber irgendwann muss man das Fenster schließen und etwas Eigenes machen.“ Wenn er für Baiyewu textet, denkt er weder an ihn noch an eigene Sorgen: „Ich halte nichts davon, meine Privatangelegenheiten vor Millionen von Menschen auszubreiten. Das Thema sollte universell sein.“
Und wie schreibt man ausgerechnet im muffigen Newcastle solch sonnige Songs? Paul Tucker zählt all die Vorzüge von diesem „rough old place“ auf – und gibt doch zu: „Newcastle ist natürlich eine verregnete Industriestadt, deshalb verbringe ich auch gerne meinen Urlaub auf Ibiza. Aber in Newcastle verliert man den Anschluss ans normale Leben nicht.“ Es hat allerdings schon etwas Gutes, Millionär zu sein, so Paul versonnen: „Wir hätten es gar nicht mehr nötig, weiterzumachen, aber wir lieben nun mal Melodien. Vor allem unsere eigenen.“