Was haben Jimi Hendrix, Angus Young, Slash und Kuddel gemeinsam? Einen Marshall-Amp. Vor 40 Jahren baute JIM MARSHALL den ersten Gitarrenverstärker
Als die letzte Lötstelle dampfte, hatte Jim Marshall im September 1962 nicht die leiseste Ahnung, dass er gerade den Inbegriff des Rock-Gitarren-Sounds erfunden hatte. Die Liste der Marshall-Fans ist endlos: Pete Tbwnshend, Jimi Hendrix, Joe Satriani, Angus Young, Slash, Carlos Santana und Jah Robbie sind nur einige wenige aus dem Heer der Marshall-Armee. Was wären sie ohne die Erfindung des kleinen Mannes aus London, der übrigens gar nicht Gitarre spielen kann?
Seine Geschichte sieht zunächst wenig nach Erfolgsstnry aus. 1923 geboren, ist er das Sorgenkind der bettelarmen Familie Marshall. Er erkrankt an Knochentuberkulose, ist immer in Gipsverbände gehüllt und verbringt die meiste Zeit im Krankenhaus. Mit 13 Jahren einigermaßen genesen, steht er erst mal auf der Straße. „Ich hatte niemals eine Schulbildung“ erzählt Jim heute. Er geht er auf die Entertainment-Schule, weil seine Eltern hoffen, dass seine schwachen Beinchen stärker und seine schlechte Haltung durch Stepptanz verbessert wird.
Bei einem Schulfest fällt er dem Chef einer Bigband auf, er wird Sänger und lernt dann trommeln, gibt selbst Unterricht und eröffnet einen Schlagzeugladen, der schnell zum Musikertreffpunkt wird. Zwei Stammgäste liegen Jim immer wieder in den Ohren: „hey Jim, wieso verkaufst du kein Gitarrenequipment?“ Die beiden sind Pete Townshend und Ritchie Blackmore. „Pete war sehr unzufrieden mit dem Sound, den die gängigen Verstärker hatten.“ Der favorisierte Amp ist damals der Fender Bassman, aber auch er ist zu clean.
Jim hatte sich schon bei der Armee mit Elektronik befasst. Also setzt er sich mit seinen Mitarbeitern Dudley Craven und Ken Bran hin. Der Prototyp JSumber Six“ sah noch eher wie ein Teil aus einem russischen U-Boot aus: ein schlichtes Werkblech mit aufgesetzten Drehreglern und ein paar Röhren. Doch er klingt gut: kraftvoll, leicht verzerrt und warm, der typische Marshall-Sound. Die ganze erste Serie, 23 Stück, verkauft er an einem Samstag, und viele gingen leer aus. Denn 1962 brauchte Jim noch eine Woche, um ein Exemplar herzustellen. Heute pumpt er mit seinen 200 Angestellten etwa 2.500 Amps pro Woche in den Weltmarkt.
Seit 1966 sitzt die Firma in Milton Keynes. Alle Marshall-Verstärker werden hier hergestellt. „“Bau mir einen Verstärker, der größer ist als alle anderen“, sagte Pete Townshend 1965 zu Jim, der nagte: „Warum?“ Und Pete antwortete: „“Damit die ruhig sind, wenn ich spiele. Ich mag es nicht, wenn mich jemand bei der Arbeit stört.“ So baute Jim Marshall den ersten 100-Watt-Verstärker mit Lautsprechern, die man in Reihe schalten konnte. Die Geburtsstunde des Marshall-Turms.
Wenig später steht ein hochgewachsener, dunkelhäutiger Mann in Jims Laden. Er beschreibt ihn als einen höflichen jungen Mann mit einem fantastischen Sinn für Humor, sein Name: James Marshall Hendrix. Jimi stellt sich selbstbewusst als kommenden Star vor, und Jim denkt: „Oh je, schon wieder so ein Ami, der was umsonst haben will.“ Im zweiten Satz sagt Jimi jedoch: „Ich werde alles bezahlen, ich will nur, dass mein Amp immer funktioniert.“ Er funktionierte bis zu seinem Tod.
„“Ich liebe meine alten Marshalls. Sie sehen aus wie zwei zusammengebaute Kühlschränke“, schwärmte Hendrix. „Über die Jahre hat mich fast jeder Hersteller der Welt gebeten, seine Verstärker auszuprobieren. Aber statt mir deren Amps schenken zu lassen, bezahle ich lieber für einen Marshall“, sagt Yngwie Malmsteen. Die Litanei der Lobeshymnen ist endlos, die mit Abstand überzeugendste Erklärung aber liefert Bryan Adams: „Ich benutze Marshall schon deswegen, weil die Regler bis elf gehen.“