Warum es wichtig ist, dass auch Comedians ihr Fett wegbekommen
Jan Böhmermann zeigte in seinem „ZDF Magazin Royale“ eine bewusst witzlose Parodie auf einen Kabarett-Knaller im Ersten. „Nuhr im Zweiten“ ist aber nicht nur treffend, weil es dessen Ton hochpräzise imitiert, sondern auch Fragen zur Wirkung von Komik in unserer Zeit stellt.
Jan Böhmermann ist schon lange nicht mehr witzig, was nicht nur die meisten Deutschen so sehen. Er will es auch nicht mehr sein. Oder nur noch so viel, um seiner Botschaft den richtigen Drive zu geben. Der einstige Gag-Schreiber von Harald Schmidt will mit seinem „ZDF Magazin Royale“ aufklären und etwas bewegen. Er stellt sich damit auch in die Tradition von Comedians wie John Oliver („Last Week Tonight“), dem Zoten ebenfalls Mittel zum Zweck sind.
Ende der vergangenen Woche gab es dann doch mal wieder etwas zum Lachen: Statt der üblichen Ausgabe lief auf dem bekannten Sendeplatz des „ZDF Magazin Royale“ die „neue“ Show „Nuhr im Zweiten“. Eine Parodie auf das bekannte Format in der ARD, das einerseits eine Plattform für den Kabarettisten Dieter Nuhr ist, andererseits aber auch eine Art Spielfläche für aufstrebende oder etablierte Komiker.
„Nuhr im Zweiten“: Kabarett in Anführungszeichen
Nachgeahmt wurde Nuhr von Schauspieler Sebastian Rüger, der dem Satiriker tatsächlich deutlich gleicht und von Mimik über Stimmlage bis hin zur Körperdynamik sein Vorbild fast 1:1 imitierte. Warum aber macht sich Böhmermann über den Kollegen Nuhr lustig? Ist er ihm nur ein Kabarettistendarsteller, der sich lustvoll gegen den liberalen Zeitgeist stellt und das neben harter Kritik in den Sozialen Netzwerken auch mal im Fernsehen vor Augen gehalten bekommen soll? Nein, es geht um etwas anderes, denn es ist notwendig, auch jene zu veralbern, die mit Humor oft versuchen, die Welt in ein nicht mehr ganz so fahles Licht zu rücken.
Als Gast trat dann ebenfalls unter anderem noch ein gewisser Falk MacAllister (gespielt von Schauspieler Phillip Lind) auf, eine offensichtliche Veralberung von Luke Mockridge – inklusive Anspielung auf seinen schwierigen Umgang mit Vorwürfen der sexuellen Belästigung. Dazu eine gepfefferte Persiflage auf die kontrovers diskutierte Kabarettistin Lisa Eckhart (ziemlich überzeugend: Sophie Berger). Über die Gelungenheit der Re-Inszenierung dieser Fernsehgaukler lässt sich natürlich streiten. Auch darüber, dass Böhmermann für seine Meta-Comedy vor allem Witzeproduzenten auswählte, die aufgrund von Kalauern über die von ihnen selbst so bezeichnete Woke-Generation Lacher beim älteren Publikum ernten wollen oder mit ihrem mitunter vom Boulevard umkreisten Privatleben von sich reden machen.
Der im abgefilmten Publikum als vergnügter, Schenkel klopfender Rezipient auftauchende Böhmermann hat stattdessen auch hier eine Perspektive parat, die oft vergessen wird: Humoristen haben nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen, sie taugen nicht unbedingt als ehrliche Makler einer Wahrheit, die anderen zu heiß ist, um sie auszusprechen, sie bilden nicht die Speerspitze eines neuen Journalismus, sondern sie kopieren oft nur deren Mittel, um Relevanz zu erzeugen – und letztlich verstecken sie sich oft mit dem etwas silbrig schimmernden Begriff der Satire hinter der so genannten Kunstfreiheit, obwohl es eben doch nur um das Anschließen an Stimmungen zugunsten oder zum Nachteil bestimmter gesellschaftlicher Gruppen geht.
Weil dies natürlich auch für Jan Böhmermann gelten muss, ist es nur konsequent, dass der Regisseur dieses reflexiven Ironietheaters, dieser Lehrstunde in Sachen Unterhaltungsentstellung, nicht auf der Bühne weilt, sondern auf einem Plastikstuhl sitzt und klatscht und über böse Bemerkungen stöhnt wie alle anderen Zuschauer auch.