Warum es richtig ist, dass „L’amour toujours“ nicht auf dem Oktoberfest gespielt wird

Wies’n-Chef Clemens Baumgärtner und die Fanfest-Organisatoren handeln vorausschauend und präventiv

Das Lied kann nichts dafür. Aber der harmlose Italo-Dance-Hit „L’amour toujours“ ist toxisch geworden. Weil er von Rechtsradikalen gekapert wurde. Nicht erst seit dem berüchtigten Sylt-Video, in dem Kashmirpulli-Schnösel „Deutschland den Deutschen“ zu dem heiteren House-Rhythmus grölen.

Das hat den missbrauchten Song nur weiter popularisiert. Die rechte Textumdichtung wird in Dorfdiscos und auf Schlagerpartys angestimmt, wenn der Track des italienischen DJs und Produzenten Gigi D’Agostino erklingt. Das geht schon länger so und es hört nicht auf.

Nun haben die Verantwortlichen des Oktoberfests in München und der Fanmeile in Berlin entschieden, dass „L’amour toujours“ weder auf der Wies’n noch beim EM-Fest gespielt werden soll. Und das ist richtig.

„L’amour toujours“: ein Symptom dafür, wie sich rechtsextreme Positionen im Mainstream breitmachen

Welche Wirkung hätten die Bewegtbilder aus den Bierzelten und von den EM-Partys, auf denen fröhlich entfesselte Gäste Nazi-Parolen singen? Die erwartbare massenhafte Verbreitung wirkt wie ein Brandbeschleuniger, sie trivialisiert menschenverachtende, rassistische und rechtsradikale Haltungen. Das ist nicht nur für jüdische oder migrantische Menschen unerträglich, es sollte auch jedem halbwegs normal empfindenden und demokratisch sozialisierten Menschen unerträglich sein.

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Das missbrauchte Lied ist ein Symptom dafür, wie sehr sich rechtsextreme Positionen im gesellschaftlichen Mainstream breitmachen. Nazirock war mal der Soundtrack einer radikalen Minderheit. Was wir jetzt erleben, ist anders. Rechte Popkultur gibt es schon immer, und spätestens seit dem rassistischen Brandanschlag von Lichtenhagen 1992, bei dem Neonazis Malcolm-X-Caps trugen, wissen wir, wie leicht popkulturelle Codes verneinahmt werden. Doch im Unterschied zu expliziten Nazibands, ist der Umgang mit umgedeuteten Popsongs und einem fröhlichen Festpublikum deutlich schwieriger. Und – egal, wie „gut“ oder „schlecht“ man das Stück an sich so findet – den betroffenen Künstlern und Künstlerinnen gegenüber ungerecht.

Aber: Nicht das Lied wird verboten, natürlich nicht, sondern sein Einsatz bei Großveranstaltungen, bei denen es als rechte Propagandamelodie missbraucht werden könnte. Wies’n-Chef Clemens Baumgärtner und die Fanfest-Organisatoren handeln vorausschauend und präventiv. Schlimm genug, dass es nötig ist.

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