Warum die Beach Boys die modernste Sixties-Band sind
Die Beach Boys feiern mit Tour und Album ihr 50. Jubiläum - Anfang August sind sie in Deutschland. Ein guter Anlass für uns, die großen Fragen zu klären, was verschiedene Autoren in unserer aktuellen Ausgabe getan haben. Wir werden die zehn Texte bis zu ihrem Tourstopp bei uns auch auf rollingstone.de veröffentlichen.
Man möchte meinen: Kaum waren sie vorüber, wurden die Sixties wiederentdeckt. Schon ab Mitte der 70er-Jahre erschienen die ersten Neo-Mods auf der Bildfläche, im Punk-Umfeld gab es dann bald jede Menge Sympathien für wilde Burschen wie The Seeds, The 13th Floor Elevators und natürlich The Stooges. Ab Ende der Siebziger wurde schließlich im großen Stil revivalt: Julian Cope fand Scott Walker, XTC unternahmen als Dukes Of Stratosphear psychedelische Zeitreisen, während sich in Kalifornien der „Paisley Underground“ (The Rain Parade, Dream Syndicate, Long Ryders u.a.) etwas vage auf alles bezog, was Paisley-Hemden hätte tragen können. Und über allem schwebte der Geist von The Velvet Underground.
Kein Platz für die Beach Boys in diesem Umfeld. Was vielleicht daran lag, dass man sie nie ernsthaft als Rockband hätte interpretieren können. Rock hatte nie so recht einen Platz in Brian Wilson Welt. Die sehnsüchtige Ballade „Let Him Run Wild“ vom Album „Summer Days (And Summer Nights!!!)“, 1965, trug gar ursprünglich den Titel „I Hate Rock And Roll“. Dabei war Surfmusik ja eigentlich eine ungestüme, gitarrengetriebene Instrumentalmusik mit einem wild bollernden Backbeat. Brian Wilson kam mit Falsettgesang, einem an Gershwin geschulten Harmonieverständnis und ornamental auf die backbeatfreien Backing-Tracks aufgetupften Pauken und Schellenkränzen. Zusammengehalten wurde dieser Wahnsinn meistens durch ein Piano und andere Keyboards. Wenn es einen Backbeat gab, dann pumpte ihn Brian mit der linken Hand auf dem Flügel. Surfmusik war es, weil es in den Texten ums Surfen ging. In der allerersten Anfangszeit gab es hie und da auch mal ein Dick-Dale-Cover, aber das ließen sie schnell sein.
Erst als die Sound-Ästhetik der Clubmusik in die songorientierte Popmusik Einzug hielt, wurde aus den Gerüchten, die sich höchstens hypersensible Musikgourmets unter Verschwiegenheitsauflagen zuzuflüstern wagten, herrschende Meinung: Brian Wilson ist ein Genie. „Pet Sounds“ ist das beste Album der Popgeschichte. „Smile“ wäre noch besser geworden, aber … Pionierarbeit leisteten im England der frühen Neunziger Stereolab und die High Llamas, die immer wieder originalgetreu nachgebaute Brian-Wilson-Sounds und Arrangement-Details in ihre Musik einbauten.
Wenn heute Beach-Boys-Referenzen so verbreitet sind, hat das weniger mit Sixties-Romantisierung als mit der Aktualität der BB-Soundtexturen zu tun, sowohl der orchestralen Bauwerke, in denen Fagott und Bassklarinette auf das Visionärste mit Fender-Bass, Wurlitzer und zwöfsaitiger Rickenbacker versöhnt werden, als auch der eher leisen, elektrisch-psychedelischen Keyboard-Schichtungen der späten Sechziger und frühen Siebziger.
Dennoch blieben bei den späteren Generationen Fragezeichen: „Als ich jung war, verwirrten mich die Beach Boys“, erinnert sich Wayne Coyne von den Flaming Lips. „‚Good Vibrations‘ war eine Welt, ‚Barbara Ann’ eine andere. Ich fragte mich, wenn sie dieses können, wieso machen sie jenes?“
The Beach Boys live: „Celebration – The Beach Boys‘ 50“
03.08. Berlin, o2 World
04.08. Stuttgart, Hanns-Martin-Schleyer-Halle
05.08. Mönchengladbach, HockeyPark
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In unserer aktuellen Ausgabe können Sie bereits alle zehn Texte inklusive eines aktuellen Interviews mit Mike Love lesen.
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