War 2024 das große Jahr der Frauen im Pop?
Beyoncé, Billie Eilish, Taylor Swift: 2024 war das große Jahr der Frauen im Pop – dachten wir. Am Ende des Jahres sieht das Bild anders aus
Das Jahr 2024 begann mit so vielen Referenzen direkt aus dem Jahr 2014, als sei es in die Gegenwart gebeamt worden. Vor allem die Popkultur war von weiblichen Stimmen geprägt wie kein anderes Jahr zuvor. Künstlerinnen wie Beyoncé, Billie Eilish, Charli XCX und vor allem Taylor Swift dominierten die Szene.
Im März erschien „Cowboy Carter“, das neue Album von Beyoncé. Es war ein musikalisch – seien wir ehrlich – eher mittelmäßiges Werk, das sich dennoch mit großem Erfolg die Versöhnung von „schwarzen“ und „weißen“ Pop-Traditionen, von Country und Hip-Hop, auf die Fahne schrieb.
Im Mai brachte Billie Eilish ihr drittes Album „Hit Me Hard And Soft“ heraus. Sie überraschte mit einer musikalischen Wendung. Weg vom gewohnten Generation-Z-Trübsinn hin zu flotten Filter-House-Knallern und sogar 80er-Jahre-Schweinesinfonik-Rock-Strecken. Das Stück „The Greatest“ gehört zu den Highlights des Jahres.
Balance zwischen Mainstream und Avantgarde
Die wohl größte Überraschung des Jahres gelang Charli XCX mit ihrem Album „Brat“. Ihre Karriere verlief bisher als interessante, aber nur mäßig erfolgreiche Balance zwischen Mainstream und Avantgarde. Mit „Brat“ schaffte sie jedoch den Durchbruch – zu einem Zeitpunkt, als Taylor Swift bereits zur unangefochtenen Super-Superstar der westlichen und globalen Welt aufgestiegen war. Swifts Tournee führte um die Welt, Politiker sonnten sich in ihrem Glanz, und die Städte ihrer Auftritte wurden sogar nach ihr benannt. Als sie sich im Spätsommer zur Unterstützung von Kamala Harris im US-Präsidentschaftswahlkampf entschloss, schien vielen das Rennen entschieden.
Doch Donald Trump siegte am 6. November überraschend. Er gewann nicht nur triumphal, sondern auch mit dem Popular Vote – sogar in den Wählergruppen der Frauen und ethnischen Minderheiten, wo zuvor viele den progressiven Pop-Stimmen wie Taylor Swift größere Chancen eingeräumt hatten.
Pop: ein Relikt aus der Vergangenheit
Parallel dazu ließ sich beobachten, dass die männlich geprägte Pop-Kultur von Kampfsport-Heroen wie Dana White und Podcaster Joe Rogan an Einfluss gewann. Diese hypermaskuline Kultur war so mächtig, dass sie selbst den gesellschaftlichen Raum dominierte, den Elon Musk in planetarischer Perspektive neu definierte.
Gegen diese Figuren wirkten die emanzipierten Pop-Heldinnen des Jahres plötzlich machtlos und blass. Und so gehört es zu den Lehren des Jahres 2024, dass der progressive, oft gefeierte Pop – der von vielen Pop-Kritikern als zukunftsweisend galt – in Wahrheit ein Relikt aus der Vergangenheit ist.