Vulkanisch: The Kills live in Berlin
The Kills gleichen bei ihrem Konzert in Berlin einem Vulkan kurz vor dem Ausbruch. Doch spätestens mit der Zugabe zeigt sich das Duo von seiner zärtlichen Seite.
Von Lea Hauke
Wie sich bei Erscheinen von Sängerin Alison Mosshart auf der Bühne herausstellen wird, ist das Bild des rauchenden Vulkans, das auf eine Leinwand hinter der Bühne projiziert wird, passend gewählt: Die Kills werden die Erde zum Beben bringen.
Während Jamie Hince die ersten Töne zum Beat von „Heart Of A Dog“ auf seiner Gitarre anstimmt, tanzt und zuckt Alison Mosshart bereits leidenschaftlich über die Bühne. Sie sieht mit ihrem gemusterten Hemd und der engen schwarzen Lederhose aus wie das Inbild kalifornischer Lässigkeit und strotzt vor Energie. Auch mit der Gitarre in der Hand, die sie bei „Kissy Kissy“ unterstützend zum Einsatz bringt, schafft sie es, sich wild zu drehen und zu zappeln. Ein ordentlicher Muskelkater ist ihr bei so viel Verausgabung sicher.
Zart und zugleich rotzig
Dagegen bleibt Jamie Hince bei feiner britischer Zurückhaltung. Trotz einer dem Vernehmen nach komplizierten Hand-Operation, nach der er das Gitarren spielen erst wieder neu lernen musste, agiert er souverän. Konzentriert haut er hart auf die Saiten seiner Gitarre und verharrt dabei meist auf seinem Platz, während Mosshart den Rest der Bühne nutzt. Leider übertreibt sie es zu Anfang etwas mit dem ganzen Schütteln und Winden, sodass der Gesang darunter leidet. Mossharts Stimme ist zart und gleichzeitig rotzig, heiser und gleich darauf wieder glasklar. Nach den ersten vier Songs wird die Sängerin ruhiger, und dann hört man es.
Das Duo, das sonst einen Drum-Computer benutzt, hat hier Unterstützung von einem leibhaftigen Schlagzeuger. Eine gute Entscheidung, die der Performance mehr Leben einhaucht und es den beiden, ermöglicht spontan mit ihrem Spiel zu variieren. Es überrascht, dass den Songs des neuen Albums, „Ash & Ice“, viele Stücke des ersten Albums, „No Wow“, auf der Setlist stehen. Das kann schief gehen, doch das Publikum im Tempodrom ist mit den Songs vertraut – besonders bei „Love Is A Deserter“ kocht die Stimmung. Die innige Verbindung zwischen Mosshart und Hince ist spürbar: Beim Ausklang von „Echo Home“ setzt sich (ein seltener Anblick an diesem Abend) Hince und seiner Gitarre zu Füßen und sieht liebevoll zu ihm auf. Für einige Minuten halten sie den Blickkontakt.
Intime Zugabe
Nach „Siberian Nights“, einem Song, den Hince auf seiner Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn über Wladimir Putin geschrieben hat, gehen beide von der Bühne. Einige Minuten später kehrt Mosshart zunächst allein für eine Zugabe zurück, um „That Love“ zu singen. Plötzlich ist die Rockstar-Pose verschwunden. Erleuchtet von einem Scheinwerfer, betrauert sie herrlich unverkitscht, mit bitterer Ehrlichkeit, eine zerbrochene Liebe.
Der letzte Song des Abends ist ironischerweise „No Wow“ – ein Statement wie ein lässiges Achselzucken nach diesem wilden Konzert.