Vor dem Finale: Cast & Crew von ‚Breaking Bad‘ im ROLLING-STONE-Interview. Teil 1: Bryan Cranston
"Ich bin Walt". Die Macher und Schauspieler von 'Breaking Bad' über die Zukunft von Heisenberg, Jesse Pinkman – und Saul Goodman. Teil 1: Bryan Cranston.
Keine Sorge: Wir spoilern nicht!
Mehr als 20.000 Zuschauer haben auf imdb der drittletzten Folge der finalen Staffel von „Breaking Bad“ die Rekord-Note 10/10 gegeben. Wann hatte zuletzt eine Serie die Menschen so einhellig begeistert? Eine Geschichte, die so glaubhaft wie keine zuvor die Wandlung seines Protagonisten schildert: Wer ist Walter White, wer steckt in ihm, ist das schon Heisenberg, ist das nur Walt? Ist es als Zuschauer okay, sich auf die Seite dieses Ex-Lehrers zu stellen, der Crystal Meth kocht um seine Familie zu ernähren und dabei den Tod eines Kindes in Kauf nimmt?
Am 29. September wird nun die letzte Episode von „Breaking Bad“ ausgestrahlt. Die Macher und Schauspieler von „Breaking Bad“, darunter Bryan Cranston, Aaron Paul, Vince Gilligan und Dean Norris, stellten sich dem US-ROLLING-STONE-Kollegen Rob Tannenbaum für Interviews zur Verfügung.
Im ersten Teil der Reihe „Letzte Worte für ROLLING STONE vor dem Finale: Cast & Crew von ‚Breaking Bad‘ im Interview“ spricht Hauptdarsteller Bryan Cranston über seine Figur des Walter White:
Bryan Cranston: „Ich werde Dich töten!“.
Walt wird vom Schullehrer zum Drogenboss. Hat er eine Veranlagung gefährlich zu werden?
Cranston: Nach meiner Theorie kann jeder Mensch gefährlich werden.
Also dämonisieren Sie ihn nicht, wie andere es tun?
Cranston: Ich kann mir den Luxus der Objektivität nicht erlauben. Ich spiele die Figur, er geht mir unter die Haut. Ich bin die Figur. Vince Gilligan kann die Frage beantworten, er hat Walt erschaffen.
Vince sagte, er hätte jegliches Mitgefühl für Walter verloren.
Cranston: Fickt ihn! (lacht). Das klingt für mich, als hätte er auch jegliches Mitgefühl für mich verloren.
Sind Sie nicht verwundert, dass viele Zuschauer sich wünschen, Walter käme einfach so davon?
Cranston: Nein, ich liebe die Ambiguität. Extremes Verhalten sehen wir doch jeden Tag. Nehmen Sie den Fall Whitey Bulger. Er tötete mehrere Menschen, doch ich glaube, er würde seinen eigenen kleinen Jungen gerne in die Armen nehmen, in küssen und mit ihm spielen.
Sogar Hitler liebte: Eva Braun.
Cranston: Ich wette, Hitler mochte auch Katzen und Hunde (lacht). Oder nicht? Ich weiß, dass Walter White nie aufgehört hat seine Familie zu lieben.
War es emotional schwierig einen mörderischen Drogenboss sechs Jahre lang darzustellen?
Cranston: Es ist wie mit einer Achterbahn – man gewöhnt sich an die zuerst so unerwarteten Wendungen und Kurven. Abends legte ich meine Brille ab und streifte auch Walter von mir ab. Ich wischte ihn weg, so wie meine Schminke.
Bevor Sie die Drehbücher der letzten Folgen lasen – wie, dachten Sie, würde die Serie enden?
Cranston: Ich hatte keine Vorstellung vom Ende. Aaron und ich hatten uns in einer Tour gegenseitig aufgezogen: „Ich wette, Ich werde Dich töten.“ Und er: „Nein, nein, nein, ich töte Dich!“.
Warum hatte Walt sein Exemplar des Buchs „Leaves Of Grass“ neben der Toilette liegen lassen? Hat irgendeine Stimme in ihm die Welt vielleicht wissen lassen wollen, dass er der große Drogendealer Heisenberg ist?
Cranston: Am Anfang der Serie lernen wir Walt als jemanden kennen, der sehr methodisch vorgeht. In der Chemie findet ja auch alles nach logischen Vorgängen statt. Walts emotionaler Kern wurde erschüttert durch seine Depression. Wegen seine neue Beschäftigung, die Drogen, dreht er emotional ab. Die Leute respektieren seine Arbeit, er hat ein Gespür für Macht. Und er verfügt über eine negative Seite: Gier, Egomanie. Walt war es nicht gewohnt sich mit diesen Gefühlen zu beschäftigen. Alles ging durcheinander. Aus diesem Impuls heraus tötete er auch Mike. Walt wurde impulsiv. Der frühere Walt hätte sicher darauf geachtet, dass das Buch gut versteckt worden wäre. Wenn man emotional wird, verschwindet das Methodische.
Verdient es Walt weiter zu leben?
Cranston: Tut das irgendwer?