Roald Dahl: Die 5 besten Verfilmungen seiner (Kinder-)Bücher
Der britische Autor Roald Dahl begeistert mit seinen absurden und schwarz-humorigen Geschichten auch heute noch Jung und Alt. Damit lieferte er auch zauberhafte und zeitlose Steilvorlagen fürs Kino.
„James ist der einsamste und traurigste Junge der Welt! Seit seine Eltern von einem Rhinozeros gefressen wurden, muss er bei den schrecklichen Tanten Schwamm und Zinke leben – was die Hölle ist!“ Solche schrecklichen Dinge passieren doch eigentlich nicht in Kinderbüchern – möchte man meinen. Doch die Erzählungen von Roald Dahl zählen zu den beliebtesten überhaupt in dem Genre und werden nicht nur von den Kleinsten verschlungen. Auch die (vorlesenden) Erwachsenen lieben sie. Weil ihre (Alb-)Träume ernst genommen werden.
„Doch eines Tages geschieht das Unglaubliche: James findet im Garten einen magischen Riesenpfirsich, in dem die seltsamsten Geschöpfe wohnen.“ Vielleicht ist es vor allem die faszinierende Fähigkeit des am 23. November 1990 verstorbenen, aufgrund einiger politischer Aussagen auch oft kritisierten Briten, aus einer nicht immer ermutigenden Ausgangssituation ein bizarres, fantastisches Panorama zu gestalten, in dem ein gigantischer Pfirsich, ein geheimnisvoller Riese oder ein vielleicht irr gewordener Schokoladenfabrikant den Weg in eine andere Welt weisen. Eine, die nicht ohne Kummer zu haben ist, gleichwohl aber mit Fantastik versöhnt.
Sehr wahrscheinlich ist es Dahls einzigartiges Gespür für makaberen Humor und absurde Ideen, die seine Geschichten für das Kino interessant machen. Möglicherweise hatte der auch als Drehbuchautor arbeitende Schriftsteller (der z.B. das Script für den Bond „Man lebt nur zweimal“ schrieb) aber auch einen feinen Blick für die großen Leinwand-Bilder. So unterschiedliche Regisseure wie George Seaton, Nicolas Roeg, Tim Burton oder Wes Anderson nahmen sich seiner geistreichen Storys an und schufen daraus kleine und große Wunderwerke.
ROLLING STONE hat seine besten (Kinder-)Buchverfilmungen gelistet.
5. Matilda (1996)
Danny DeVito kennt sich aus mit irrwitzigen Stoffen, inszenierte mit „Der Rosenkrieg“ eine giftgeifernde Ehe-Farce. Da überraschte es schon, als er eine Adaption von Dahls „Matilda“ vorlegte. Die kleine Matilda Wurmwald entwickelt sich trotz ignoranter Eltern und einer sadistischen Schuldirektorin zu einem echten Geistesblitz und entdeckt gemeinsam mit der gefühlvollen Lehrerin Fräulein Honig ihre telekinetischen Fähigkeiten. Klar, Mara Wilson sorgt mit der Titelrolle für eine Menge Zuckerguss, doch der zuweilen bitterböse Humor Dahls wird sehr pointiert eingeflochten – gerade auch weil DeVito selbst den bornierten Vater gibt und hinter der Kamera mit viel Geschick die surrealistischen Zwischentöne nicht zu kurz kommen lässt.
4. Charlie und die Schokoladenfabrik (1971/2005)
Es gibt viele Dahl-Leser, die schwören auf die erste filmische Umsetzung von „Charlie und die Schokoladenfabrik“ aus dem Jahr 1971 mit Gene Wilder als Willy Wonka. Vielleicht liegt es daran, dass der Autor hier selbst das Drehbuch lieferte. Doch Dahl lehnte das Endergebnis rigoros ab und wollte sich zu Lebzeiten mit keiner Adaption seiner Werke mehr zufrieden geben. Mel Stuarts zahm-niedliche Fassung hat viel Schmelz und man sieht dem handgefertigten Wunderland an, wie viel Mühe investiert wurde. Leider kann man die deutsche Version völlig vergessen; ihr wurden etliche Lieder aus dramaturgischen und fadenscheinigen Gründen entnommen.
Tim Burtons Version hingegen ist ein unterschätzter Geniestreich, in dem nicht nur die digitalen Tricks und die auch mit einer Prise Ironie modernisierten Songs nahezu perfekt die Handlung unterstützen, sondern vor allem auch der inzwischen ferfemte Johnny Depp schauspielerisch richtig Gas gibt. Wohl an Michael Jackson angelegt, mimt Depp den finsteren Autisten, dessen Melancholie Stück für Stück entblößt wird. Mehr als einmal greift die kunterbunte Leinwandfantasie auch als handfeste Satire auf die Konsumkultur. Natürlich funktioniert Burtons „Schokoladenfabrik“ aber vor allem als drolliger Schabernack, bei dem es (ein paar wirklich frechen) Kindern einmal an den Kragen gehen kann, ohne dass der Zensor schreit.
3. James und der Riesenpfirsich (1996)
Henry Selick hat der Filmwelt nicht nur die Stop-Motion-Meisterwerke „Nightmare Before Christmas“ (1993) und „Coraline“ (2003) geschenkt. Mit „James und der Riesenpfirsich“ wagte er sich auch an Dahls absurdes Kinderbuchdebüt aus dem Jahr 1961, das in Deutschland immer noch wenig geschätzt wird. Dabei enthält es alle Ingredienzien seiner Schreibkunst: einen traurigen Jungen, der nach dem gewaltsamen Tod seiner Eltern von seinen garstigen Tanten großgezogen wird, einen magischen Schauplatz, der zur Flucht einlädt und viele groteske, aber liebevolle Gestalten.
Die Puppentricktechnologie, die den fantastischen Teil der Odyssee übers Meer illustriert, ist – das erkannte später auch Wes Anderson – nahezu eine kongeniale Strategie, um Dahls Humor, aber auch seine surrealistische Erzählfreude wiederzugeben. Allerdings wirken die Animationen aufgrund des geringen Budgets etwas weniger flüssig als zum Beispiel in „Nightmare Before Christmas“.
Dem düsteren Anteil in den Erzählungen des Briten, der sich manchmal erst bei erneuter Betrachtung bzw. Lektüre offenbart, wird viel Raum beigemessen, die kunstvolle Gestaltung der Figuren und der Schauplätze nimmt zudem jederzeit für sich ein.
2. Der fantastische Mr. Fox (2009)
Die Geschichte eines Fuchses, der mit seinem langweiligen Leben als treusorgender Vater und Zeitungsredakteur nicht mehr zufrieden ist und mit seiner Suche nach neuen Abenteuern Tiergemeinschaft und Familie in Gefahr bringt, rückte Wes Anderson wie Henry Selick „James und der Riesepfirsisch“ mit Stop-Motion-Technologie ins rechte Bild. Der versponnene Regisseur machte daraus gemeinsam mit Drehbuchautor Noah Baumbach einen turbulenten Genre-Cocktail aus Coming-Of-Age-Story, Gangster- und Kriegsfilm mit neurotischem Antlitz.
Die ausgefallenen Animationen wurden dabei durch eine aufwändige Synchronisationsleistung unterstützt: Die Schauspieler von George Clooney über Merryl Streep bis hin zu Bill Murray nahmen ihren Text an Orten auf, die den Spielszenen ähnelten. Ein Effekt, der (im Original) eine berückende Wirkung hat. So schön das ganze Unternehmen anmutet, sollte doch nicht vergessen werden zu erwähnen, dass Anderson aus dem Stoff seine ganz eigene Geschichte machte, die wesentliche satirische Untertöne der Vorlage einfach überschreibt.
1. Hexen hexen (1990)
Nachdem Roald Dahl jahrzehntelang verbat, dass irgendeine seiner Erzählungen verfilmt wird, erlaubte er schließlich ausgerechnet dem exzentrischen „Wenn die Gondeln Trauer tragen“-Regisseur Nicolas Roeg „Hexen hexen“ zu adaptieren. Ein großes Wagnis, denn die Geschichte um einen neunjährigen Jungen, der sich mit einer kinderhassenden Hexenvereinigung anlegt und schließlich in eine Maus verwandelt wird, war zu der damaligen Zeit tricktechnisch eine Herausforderung (von Jim Henson kurz vor seinem Tod bewältigt) und ist zugleich eine düstere Auseinandersetzung im Umgang mit dem Tod.
Mit dem Mädchen, das von einem Tag auf den anderen verschwindet und dann wieder in einem Gemälde auftaucht, wo es sichtbar immer älter wird und schließlich stirbt, ist eine der unheimlichsten Szenen der jüngeren Filmgeschichte implementiert; die Fratzen der sich aller Masken entledigenden Hexen (siehe Video) dürften zudem für viele Kinder eine echte Schreckenserfahrung dargestellt haben. Roald Dahl wollte dann auch nicht wirklich hinsehen, beschwerte sich über die vulgäre Inszenierung und hätte am liebsten seinen Namen aus dem Projekt herausgestrichen. Auch weil das Ende von jener bitteren Pointe befreit wurde, die Dahl sehr wichtig war für die Aussage seiner Geschichte. Doch ein herzerwärmender Brief von Jim Henson konnte ihn dazu bewegen, seinen Zorn erst einmal runterzuschlucken. Nur Monate später starb er allerdings an Leukämie.
„Hexen hexen“ ist vielleicht die mutigste Dahl-Verfilmung, weil hier die immer sichtbare Schwermut seiner Prosa mit einem ganz und gar beißenden und trotzdem gerade noch versöhnlichen Humor verbunden wird. Für Anjelica Houston war die Darstellung der aristokratischen Oberhexe, die sich vor dem Gestank kleiner Gören urkomisch windet, eine Paraderolle. Ein echter Horrorfilm für Kinder.
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