Vom Alltag inspiriert
Ihrer Einflüsse schämen sich ELBOW nicht, und vor Rührseligkeit haben sie auch keinerlei Angst
Guy Garvey, Sänger, Gitarrist und Texter bei Manchesters neuen Hoffnungsträgern Elbow, ist ganz außer sich: „Polly Harvey ist für mich die schönste Frau der Welt. Ich möchte nicht nur unbedingt einen Song für sie schreiben, sondern würde sie auch sofort heiraten.“ Was wie injuvenilem Leichtsinn dahingesagt klingt, scheint der Mann durchaus ernst zu meinen. Schließlich nähert sich Garvey bereits ganz langsam dem 30. Lebensjahr.
Gerade hat er sich als Produzent des exzellenten I Am Kloot-Albums „Natural History“ verdient gemacht. Was gar nicht mal so ungewöhnlich ist, da sich in Manchester sowieso fast alle Bands untereinander kennen – mit dem Nachteil, dass die britische Presse es so noch einfacher hat, sowohl Badly Drawn Boy als auch Formationen wie Alfie oder eben Elbow in die notorische „New Acoustic Movement“-Schublade zu stecken. Während Bassist Pete Turner einwirft, dass „diese sinnlos initiierte Bewegung“ dazu führe, dass nach deren Zusammenbruch „nur ein oder zwei Bands überleben“ werden, erteilt der konziliante Garvey bereitwillig Auskunft über den assoziationsreichen Titel des Elbow-Debütsv’fc/eep/n TheBack“: „Die Erinnerung daran, wie ich als Kind mit meinen Eltern aus den Ferien zurückfuhr und schlafend auf dem Rücksitz unseres Autos saß, ist für mich ein schönes, tröstendes Bild. Auch dieses sanfte Ruckein des Wagens und die Sicherheit, die ich dabei empfand. Als wir zu Hause ankamen, habe ich immer so getan, als ob ich noch schlafen würde, damit mein Vater mich bis nach oben in mein Bett trug.“
Nicht nur diese rührselige Rückschau zeigt, dass es sich bei dem Quintett vor allem um eine grundehrliche Band handelt. So sehen sie keinen Sinn darin, ihre zahlreichen Einflüsse zu leugnen. Sie lieben Grandaddy, King Crimson und Radiohead. Guy Garvey gibt zudem freimütig zu, die letzten acht Jahre seines Lebens hauptsächlich damit zugebracht zu haben, die Talk Talk-Meisterwerke „Laughing Stock“ und „Spirit Of Eden“ wieder und wieder gehört zu haben.
Zum elegischen „Powder Blue“ hat ihn aber weniger Mark Hollis als vielmehr eine präzise Beobachtung in einer Kaschemme Manchesters angeregt: „Da stand dieses Pärchen am Tresen. Die Frau war sehr hübsch. Während ihr Freund sich mit einem anderen Mann unterhielt, schlug sie immer wieder eine Münze auf die Tischplatte. Als ihr Freund das merkte, legte er einen Arm um sie und hielt mit dem anderen ihre Hand fest. Die Frau merkte, dass sie nicht mal mehr mitbekommen hatte, was sie die ganze Zeit tat, und brach in Tränen aus. Die Ausweglosigkeit und Abhängigkeit dieser zwei, die unschwer als Drogensüchtige zu identifizieren waren, hat mich zu dem Song inspiriert.“