Volle Deckung. Mr. Bush
Baseballkappe, Stiernacken, politisches Gewissen - nein, das ist nicht Michael Moore, das ist Everlast
Wenn er zum ersten Mal vor einem steht, bullig, stiernackig, kurzhaarig, denkt man spontan: Was für ein Arschloch. Der schmale, unangenehm akkurat geschorene Kinnbart, sein schneeweißer Jogginganzug und die breitbeinige Körpersprache machen die Sache nicht angenehmer. Vor allem während seiner Zeit bei House Of Pain galt Eric Schrody alias Everlast als sauf- und rauflustiger Hip-Hop-Hooligan. Doch das ist lange her. Inzwischen tickt in seiner Brust eine künstliche Herzklappe, und bereits vor acht Jahren konvertierte der mit reichlich Tattoos illustrierte Rapper zum Islam. Trotzdem hat er sich am Abend zuvor ein paar hochprozentige Drinks genehmigt. Einer wie Everlast lässt sich selbst von Allah nichts vorschreiben.
Nun sitzt er da und brummelt mit einer rauen Stimme. Zunächst geht es natürlich! – um sein neues Album „White Trash Beautiful“: Noch nie sei es ihm so gut gelungen, HipHop-Elemente mit knarzigem Hinterwäldler-Songwriting zu verbinden. Als ich ihn frage, warum es in den meisten Songs um Einsamkeit geht, ist das, als hätte man einen Hebel umgelegt – das Monster schüttet sein Herz aus. „Irgendwann wacht man auf und sieht, dass es Dinge gibt, die wichtiger sind als pussy oder chasing chicks. Ich bin kein Trucker, und meine Freundin arbeitet nicht als Serviererin in einem Diner. Trotzdem bin ich auf Tour viel allein, schmerzhaft allein, da hilft es, solche Lieder zu schreiben“, behauptet er. „Ich würde mir wünschen, dass auch andere Rapper mehr Emotionen zeigen. Es gibt viele Leute, die Probleme mit Eminem haben. Aber auf seiner letzten Platte hat er wirklich aus sich selbst geschöpft und einige großartige Songs geschrieben, das bewundere ich.“ Eingeweihte erinnern sich vielleicht, dass es Everlast selber war, der sich einen jahrelangen Krieg mit Slim Shady lieferte, voller Schmähgesänge und öffentlicher Beschimpfungen. Doch der Mann scheint lernfahig, immerhin.
Auch in Sachen Politik ist Mister Schrody heute weit aufgeklärter, als sein stiernackiges Aussehen befürchten lässt. Zum ersten Mal will er wählen gehen: „Sieh dir doch an, wie es um unser Land bestellt ist: Viele Leute fürchten sich vor erneuten Terroranschlägen. Überall heißt es: ‚Sag bloß nichts Schlechtes über den Präsidenten‘, oder: ‚Du wirst deinen Job verlieren, weil die Wirtschaft so am Arsch ist‘ Alle haben eine Scheißangst. Auch das ist ein Grund, weshalb sich viele Menschen allein fühlen.“ Wer hätte gedacht, dass aus dem alten Rabauken mal ein fast schon sensibler Beobachter wird?