Viertelstunde Popstar
Made in Japan: Pizzicato Five
Nomiya Maki hat viele Gesichter. Ungefähr zwei Dutzend. Die Sängerin von Pizzicato Five zeigt sie uns alle. Im Booklet zum Album „Made In USA „trägt sie mal Pony, mal Löwenkopfperücke. Auf einem Foto hält sie sich eine Blume vor das rechte Auge, auf einem anderen kaut sie auf einer Zigarette. Und in dem Stück „This Year’s Girl“, einem fiktiven Interview zu reduzierten HipHop-Beats, gibt das Ex-Model bereitwillig Auskunft über Lieblingslippenstift und Kochkünste.
Maki ist Popstar. Aber nicht, weil das die amerikanische Presse unisono behauptet und die in Japan sowieso. Nein, Maki ist Pop-Star, weil sie sich dazu entschieden hat, Pop-Star zu sein. So jemand kann 1994 zum „International Pizzisato Five Year“ ausrufen, ohne dem Verdacht des Größenwahns ausgesetzt zu sein.
Natürlich gäbe es die Band ohne Andy Warhol nicht. Auf die New Yorker Ikone verweisen nicht nur der Stylism oder die Idee des hausgemachten Star-Ruhms, sondern auch das multimediale Arbeiten als Kollektiv: Neben Haki und ihren beiden musikalischen Begleitern Takanami K-Taro und Konishi Yasuharu gehören auch Fotografen und Designer zum Stab. Und manchmal funktionieren die Songs wie Andy Warhols Film „Kitchen“. Wir erinnern uns: Edie Sedgwick sitzt zwischen Kaffeemaschine und Spüle im Kreise der Lieben aus der Factory und unterhält sich über dies und das, während der Meister die Kamera draufhält. Die Oberfläche kann so aufregend sein.
Mit „Made In USA“, einer Sammlung älteren Materials, stellt sich die Band aus Tokio erstmals außerhalb Japans vor. Der musikalische Streifzug reicht von kuriosem Swing bis zu Disco-Klopfern. Was macht ihn so einzigartig? Bei der Pop-Exploitation erinnern Pizzicato Five in ihrer Abgebrühtheit an Deee-Lite, gleichzeitig zeigen sie sich beim Erkunden des Easy-Listening-Kosmos ehrfurchtsvoll wie Combustible Edison. „Spaß, Spaß, Spaß!“ schreien die drei – vermeiden aber Camp-Ironie oder Schenkelklopfer. Daß Takanami und Konishi sich gern in Röckchen fotografieren lassen, übersehen wir höflich.