Video: Udo Lindenberg sinniert in „Wieder genauso“ über den Tod
„Ja, ich kenn ihn schon lange - wer ihn gut kennt, lebt intensiver“, sagt Lindenberg über den Tod. Freilich stimmt das: In weiten Teilen der 90er-Jahre saß der Sensenmann bei denn allabendlichen Zechgelagen von Lindenberg samt seiner Entourage mit am Trinktisch.
Am Sonntag (12. Dezember) hat Udo Lindenberg ein Musikvideo zu der wohl rührendsten Elegie des schwindenden Jahres veröffentlicht. „Wieder genauso“ ist der Titel jenes Stücks, in dem der Musiker von einem Zwiegespräch mit Gevatter Tod berichtet.
Fragt der Tod den Grandseigneur: Was, wenn du zurückspulen könntest?
Der hat keine schnöde Plauderei im Sinn, sondern konfrontiert den 75-jährigen mit den existenziellen Fragen: Welchen anderen Weg er denn nehmen würde, wenn er nur nochmal von vorn anfangen könnte? Auf welche Partys und Fehler er gerne verzichtet hätte? Nur kurz muss der Musiker innehalten, um zu antworten: „Ich würd’s wieder genauso tun, genauso, wie es war / Mit jedem Höhenflug und jeder Talabfahrt / Ich denk jedes Mal, ey, dieses Mal / Ist vielleicht ja schon das letzte Mal / Doch am Ende bin ich immer wieder startklar“. Spät in der Nacht verschwindet Freund Hein in die Dunkelheit. Sie haben einen Pakt geschlossen, der Tod und Lindenberg: Ein paar Jahre, ein paar Storys bleiben dem Rock-Chansonnier noch auf dem Erdball.
Lindenberg kennt den Tod besser, als die meisten
„Ja, ich kenn ihn schon lange – wer ihn gut kennt, lebt intensiver“, sagt Lindenberg über den Tod. Freilich stimmt das: In weiten Teilen der 90er-Jahre saß der Sensenmann bei denn allabendlichen Zechgelagen von Lindenberg samt seiner Entourage mit am Trinktisch. Viel hat wohl nicht gefehlt und er hätte ihn zu sich geholt – zu unser aller Glück kam es anders.
Heute lebt Lindenberg achtsamer, auch der Kunst willen. Seine Lebensgier ist ihm dabei nie abhanden gekommen: „Vergänglichkeit ist zwar ne echte Scheißerfindung, aber lässt uns auch konsequenter zur Sache kommen, solange wir noch hier rumzaubern. Naja am besten wird man zeitlos, und so fühl ich mich ja auch schon weitgehend. Stärker als die Zeit. Dorian Gray und Benjamin Button. Die Seelenrutschbahn, vom durchgeknallten Spielkind bis zum Weisheitsindianer und zurück – wie Marlon Brando: wenn er actet, existiert jedes Alter gleichzeitig in ihm. Der grosse Memoryschalter, keine Verflachung der Erlebnisfähigkeit wie bei alten abgeklärten abgefuckten abgestorbenen Kukidentos, die sogenannten Erwachsenen, die sich das Kindliche und Jugendliche haben rausamputieren lassen, nix mehr mit schön verrückt leicht crazy und ’n bisschen verspielt und immer ready für die abgedrehtesten Abenteuer. Nee, wir bleiben locker im Gespräch, der Tod und ich“, so der Musiker.
Plötzlich hat er sein ganzes Leben vor Augen
Für die Regie des Musikvideos zeigen sich Philipp Mundt und Bastian Jentschke verantwortlich. Zu Beginn steht Lindenberg vor einer mannsgroßen Kirchturmuhr, die sich rasant dreht – schneller, als es für gewöhnlich der Fall ist. Dann beginnt er zu singen: „Ich hab letzte Nacht geträumt, es wär vorbei / Und der Tod stand vor der Tür, ich ließ ihn rein“. Im Hintergrund zeigen an die zwei Dutzend Röhrenfernseher die Stationen seines Weges: ein Treffen mit seinem Lieblingsfeind Erich Honecker, ein gemeinsamer Auftritt mit Nina Hagen, ein Shooting mit seiner Lebensgefährtin, der Fotografin Tine Acke. Begleitet wird der Sänger von drei Streicherinnen, deren Köpfe unter Discokugeln verborgen sind – welch Sinnbild für die Achterbahnfahrt im Leben des Udo Lindenberg.