Vertrauen, Gospel und Spaß an der Arbeit: Drei Fragen an The Rapture
The Rapture waren für einige Jahre von der Bildfläche verschwunden – doch am 02. September melden sie sich mit ihrem dritten Studioalbum "In The Grace Of Your Love" zurück. Wenn das nicht mal ein Anlass für ein Interview ist. Außerdem gibt's das Album komplett im Stream.
Sänger und Gitarrist Lukas Jenner war leider nicht anwesend, als sich Daniel Koch mit The Rapture zum Interview traf. Doch auch seine beiden Bandkollegen, Schlagzeuger Vito Roccoforte und Multiinstrumentalist Gabriel Andruzzi konnten ihm einiges zum neuen Album erzählen.
„In The Grace Of Your Love“ erscheint diese Woche am 02. September und ist das dritte Studiowerk der New Yorker. The Rapture musste in den letzten Jahren einige Veränderungen in der Besetzung mitmachen, zuletzt verabschiedete sich 2009 Bassist und Backgroundsänger Matt Safer. Das erklärt die lange Pause – manche fragten sich gar schon, ob es die Dance-Punk-Band denn überhaupt noch gebe.
Aber nun die Entwarnung: Ja, es gibt sie noch – und zwar poppiger denn je. Nach zwei Alben bei Universal kehrten sie dem Giganten den Rücken und sind wieder zu ihrer alten Labelheimat DFA zurück. Im Gegensatz zu den früheren Platten, die ein bisschen wie die Mischung aus dem Electro-Punk von Atari Teenage Riot und dem New Wave von The Cure klangen, verirrten sich deutlich sanftere, exotischere Klänge auf „In The Grace Of Your Love“. Afrikanisch klingende Frauenchöre und ein Beat aus Akkordeon und Drummachine gibt es im vierten Song „Come Back to Me“ zu hören, während Lukas Jenner fast spiritualartig dazu singt. Auch der Text hört sich ein bisschen an wie ein Gospelstück: “ My spirit / My loving spirit“ oder “ Are we all children„. Auf „Never Gonna Die Again“ frönen die New Yorker mit schnellen, hohen Gitarrenriffs und Bläserklängen dem Funk, und die erste Single „How Deep Is Your Love?“ könnte mit seinem rhythmischen Piano sogar als House durchgehen.
Vielleicht haben The Rapture die Pause und die Rückkehr zu DFA gebraucht, um wieder zu sich selbst und ihren Wurzeln zurück zu finden. Als Wiedergeburt sahen sie dieses Album auf jeden Fall.
Nachdem ihr nun einige Zeit mit dem Major-Label Universal unter Vertrag wart, seid ihr nun zum Independent-Label DFA zurückgekehrt. Wolltet ihr damit ein Statement abgeben?
Gabriel: Es war kein Statement. Uns ist zwar bewusst, wie die Leute das interpretieren könnten und dass es tatsächlich, vor allem von unseren Fans, als ein solches gesehen werden kann. Und wir wussten auch, dass es vielleicht marketingtechnisch hilfreich sein könnte. Dennoch sind wir zurückgekommen, da wir bei DFA schon Beziehungen aufgebaut haben. Außerdem wussten wir, wie der Arbeitsprozess läuft und dass es Spaß macht, mit den Menschen dort zusammen zu arbeiten. Und es hat dann auch tatsächlich sehr viel Spaß gemacht.
Vito: Es war auch wirklich so, dass wir uns bei dieser Platte nicht auf die Ergebnisse konzentriert haben, sondern eben auf den Prozess. Ich für meinen Teil finde deswegen auch die Ergebnisse sehr gelungen, sie funktionieren eben. Natürlich war auch nicht alles schlecht daran, bei einem Major-Label unter Vertrag zu sein. Aber der Entstehungsprozess der Platte war eben nicht ganz so spaßig. Wir wussten instinktiv, dass wir mit DFA mehr Spaß daran haben würden, uns für Remixe zu entscheiden oder über das Artwork zu diskutieren – die Sachen, die man eben mit einem Label macht. Wir sind mit den Leuten von DFA mehr auf einer Wellenlänge und sie sind sehr kreativ.
Also bekamt dort ihr auch keine Ansagen wie „Ihr solltet einen Hit schreiben, der zur neuen ‚CK One‘-Kampagne passt“ zu hören?
Gabriel: Wir sind auch von großen Labels nie zu etwas gezwungen worden. Aber das Hauptproblem mit einem großen Label ist, dass es eben auch ein großes Unternehmen ist, in dem man sich leicht verlieren kann. Auch die Beziehungen zu den Menschen können leicht verloren gehen. Sie verändern sich auch sehr schnell: Beim letzten Album wurde mitten in der Promotion-Kampagne einfach unser Produktmanager ausgetauscht.
Vito: Mit einem kleinen Label geht alles auch einfacher und schneller, da nicht so viele Stationen im Management durchlaufen werden müssen. Als es um die letzten Tonmischungen ging, kam ein Typ zu DFA – der zufälligerweise auch ein Fan unserer Musik war – und fragte sie: „Habt ihr etwas in der Art für mich?“ So etwas passiert bei DFA einfach häufiger, es macht das Leben entspannter und angenehmer. Beim Major mussten wir zum Teil fast um gewisse Sachen kämpfen. Da geht es dann auch eben um das grundsätzliche Verständnis von den Dingen.
04 – Come Back To Me by sanlaurence
Im neuen Album habt ihr ein breites Spektrum an verschiedenen Klängen, zum Teil klingt es ein bisschen wie der Indiepop von Vampire Weekend, dann wiederrum gibt es Passagen, die ein bisschen wie Balkan-Punk klingen. Was würdet ihr als die Zutaten zum neuen Album bezeichnen?
Gabriel: Es ist schon eine Reaktion auf das, was wir in letzter Zeit für Musik gehört haben, aber vielmehr eine Reaktion darauf, was für Leute wir kennengelernt haben. Lukas hat sich, glaube ich, mit seiner Stimme nicht mehr so wohl gefühlt. Deswegen hat er auf dieser Platte versucht, natürlicher zu singen. Er hat sich zu nichts gezwungen, hat nicht versucht, besonders gefühlvoll zu singen. Ich glaube er hat schlussendlich nur eine angenehme Art zu singen für sich entdeckt. Wo er auch wirklich gut singt, und es echt gut klingt.
Vito: Er hat seine Stimme gefunden.
Gabriel: Genau. Er hat sich von amerikanischer Gospelmusik inspirieren lassen. Das kam daher, dass er sehr viel Soul gehört hat, um eine aufrichtige Ausdrucksweise zu finden. Von dieser Art Musik hat er viele Harmonien übernommen, er ist auch einem Kirchenchor beigetreten und hat frühe und auch mittelalterliche Musik für sich entdeckt. Tatsächlich singt er im Album größtenteils die selben Harmonien, sie bestehen alle aus eher engen Intervallen, die eher für Gospel oder gregorianische Choräle typisch sind. Ich persönlich lasse mich von sehr vielen Dingen inspirieren und habe dies auch bei diesem Album zum ersten Mal wirklich einbringen können. Das liegt einfach da dran, dass man mir innerhalb der Band immer mehr Vertrauen schenkt und ich auch den anderen aus der Band mehr vertrauen kann. Wir haben immer sehr verschiedene Musik gehört. Und wenn jetzt jemand etwas Neues mitbringt, dann stellen wir das nicht in Frage oder lehnen es grundsätzlich ab, sondern versuchen einfach, damit zu arbeiten. Ich versuche jetzt, so gut wie ich kann meinen Beitrag zu dem zu leisten, was jemand mitgebracht hat und ich weiß, dass die anderen es mit meinen Sachen auch so handhaben. Und so machen die anderen das auch. Dabei gibt fließt bei jedem Song ein bisschen was unserer Persönlichkeiten ein und am Ende haben wir ein Rapture-Album. Es mag zwar anders klingen, aber es ist immer noch eine Platte von uns.