VERSUS
VON MAIK BRÜGGEMEYER UND ARNE WILLANDER
Mirel Wagner When The Cellar Children See The Light Of Day ** vs. ****
AW: Die Kellerkinder sehen niemals das Tageslicht in den verhangenen Liedern von Mirel Wagner. Man hört nur akustische und elektrische Gitarre, manchmal verhallte Chorgesänge im Hintergrund und ein Cello, und die überdeutlich gesungenen Texte lassen viel Raum. Die langsamsten Songs der Welt – und leider nicht sehr faszinierend.
MB: Aber in dem Raum, den sie zwischen den Zeilen lässt, hört man doch, wie Lou Reed und Nick Cave mitsummen! Wenn das nicht faszinierend ist … Und wenn man diese Lieder in seinem Kopf etwas schneller laufen lässt, ergeben sich ganz wundervolle Melodien, wie John Phillips sie hätte schreiben können (allein wie sie in „Oak Tree“ „I dream, dream, dream sweet dreams“ singt!) Mirel Wagner ist eine Lana Del Rey für Menschen, die es ernst meinen mit der Todessehnsucht. (Sub Pop)
Bonnie Dobson & Her Boys Take Me For A Walk In The Morning Dew ***1/2 vs. ***
MB: Bisher erschienen auf dem britischen Hornbeam-Label die Comeback-Alben der Folkveteranen Tom Paley und Spider John Koerner. Die kanadische Songwriterin Bonnie Dobson war dagegen schon in den Sechzigern obskur, nur ihr „Morning Dew“ wurde durch Tim Rose zum Folk-Standard und von Grateful Dead psychedelisiert. Mit einer tollen Band, die bei den besten Stücken wie frühe Fairport Convention klingt, aber auch – mit BJ Cole an der Pedal-Steel (!)- Country kann und Mariachi, singt sie noch einmal ihre schönsten Lieder und klingt mit 74 noch unglaublich jung.
AW: „Morning Dew“ war der erste Song, den sie überhaupt schrieb – unter dem Eindruck des Films „On The Beach“, der die atomare Apokalypse schildert und in dem Gregory Peck einen U-Boot-Kapitän spielt. Solides Alterswerk mit Country und Balladen, Folk und Cajun. (Hornbeam)
Rick Wakeman Journey To The Centre Of The Earth * vs. *
AW: Wir wissen nicht, wie das Innere der Erde aussieht -aber wahrscheinlich nicht wie die Kindermalerei auf dem Cover dieses Albums von 1974, das wieder veröffentlicht wird. Rick Wakeman orgelt Jules Verne, mit Erzähler, Sängerin und Myriaden von Keyboards. Man möchte im Boden versinken.
MB: Man wünschte, man wäre 20.000 Meilen unter dem Meer. (Music Fusion)
Marc Almond The Dancing Marquis *** vs. **
AW: Er ist der „Tasmanian Tiger“, der „Dancing Marquis“ – der etwas ranzige Glamour dieser ostentativ kitschigen Disco-Songs steht Marc Almond gut. Die lärmenden Remixes des ohnehin aufgekratzten „Worship Me Now“ verderben das Album zum Schluss beinahe.
MB: Irre! Jochen Bendel singt jetzt mit Jarvis Cocker. (Cherry Red)