Vergessene Legenden
Blag Dahlia fühlt sich nicht alt: „Puck no! Ich bin eine Rocklegende. Und die altern bekanntlich nicht!“ Und doch ist die Frage berechtigt. Denn bereits seit 16 Jahren werkeln die US-Punk-Ikonen an der Urbarmachung eines Sumpfes, der für Generationen von Musikern identitätsstiftend war: Punk. Sie bauten hölzerne Stege ins Niemandsland, die in den letzten Jahren vorwiegend von skandinavischen Saitenberserkern ausgetreten wurden -und ernteten dafür selten genug die Anerkennung, die ihnen zusteht. Was zum Teil auch selbstverschuldet war: 1993 flogen sie aus ihrem Vertrag bei SubPop, weil sie lauthals den Tod ihres Gitarristen verkündeten, der sich jedoch bester Gesundheit erfreute.
Die Cover ihrer Platten zeigten auf „Thank Heaven For Little Girls“ und „Sugarfix“ Ausschnitte des amerikanischen Albtraumes: ein Mädchen im Thanksgiving-Look und an Lollis kauende Teen&ger, die sich eine weiße Prise über de- Geburtstagstorte erhitzen. „Blood Gits & Pussy“ lieferte mit blutig-nackten Tatsachen die Basis für alles, das noch kommen sollte. Die Dwarves sind laut, zynisch und der lebende Beweis, dass es Unterschiede gibt zwischen Rockstars und Rocklegenden: „Rockstars kommen und gehen, werien von der Industrie hofiert und in dicken Wagen chauffiert Rocklegenden triffst du im Park mit ’nem Fahrrad unter den Füßen und einem Propeller auf dem Rücken. Viele sind berufen, aber nur wenige werden auserwählt.“
Ihre neue Platte heißt „Come Clean“ – und es ist die beste ihrer Geschichte, vor der sich alle vorangegangenen wie Demos für den finalen Schlag ausnehmen. In fast britischer Arroganz spielen sie sich gleich zu Beginn auf: „Let me show you how it’s done“, bevor sie im zweiten Song erklären, was Sache ist: „I’m the river city rapist and I rape the USA.“ Die Salve zielt auf die Erhebung von Amerikanismen zu Götzen – und auf ihre Epigonen, die sich dieser Klischees unkritisch bedienen.