Vergessen statt vergeben
Die Schuld am Split Hüsker Düs nimmt Grant Hart nicht auf sich
Für Bewunderer der mittlerweile seit 13 Jahren aufgelösten Post-Punk-Legende Hüsker Dü aus Minneapolis ist es immer noch etwas ganz Besonderes, wenn sich eines der drei Ex-Bandmitglieder mit neuem Material zurückmeldet. Seit Greg Norton sich aus dem Musikgeschäft zurückzog, um Restaurantchef zu werden, sind dies entweder Bob Mould, dessen Band-Intermezzo Sugar seit fünf Jahren ebenfalls der Vergangenheit angehört, oder Grant Hart, der vom Schlagzeug auf die Gitarre umsattelte und seine Zwischenstation Nova Mob ungefähr zur selben Zeit auflöste. In Form von „Good News For Modem Man “ ist er nun wieder unter eigenem Namen unterwegs. Der Titel rekurriert auf eine Mitte der 60er Jahre in den USA veröffentlichte Form der Bibel gleichen Titels, geschrieben in modernem Englisch für „faule oder nicht so intelligente Menschen“. Auch sonst glänzt das erfrischende Album mit allerlei Querverweisen. Angesprochen auf die ungewöhnlich hohe Anzahl an Eigennamen in den Songs, muss Grant Hart weit ausholen: „Anne Marie aus ,A Letter From Anne Marie‘ ist ein Mädchen, das früher oft auf Hüsker Dü-Konzerte ging, aber die Geschichte, die ich in dem Lied erzähle, ist größtenteils frei erfunden. Mit Teeny aus ,“Teeny’s Hair“ ist Marcel Duchamps letzte Frau gemeint, während der Titel ,Let Rosemary Rock Hirn, Laura-Louise‘ auf eine Szene in Polanskis ,Rosemary’s Baby‘ zurückzuführen ist.“
Nachdem Hart alle Instrumente auf „Good News For Modem Man“ selbst einspielte, steht jetzt wieder die Gründung einer neuen Band und baldiges Touren ins Haus. Mit den Herren Newman und Revill sind auch die Mitstreiter bereits gefunden. Trotz allem kommt man kaum daran vorbei, Hart mit seiner bewegten Vergangenheit zu konfrontieren, die angeblich den Split von Hüsker Dü mit herbeiführte. Erstaunlich gelassen gibt er Auskunft: „Es ist fast 20 Jahre her, dass ich auf Heroin war, warum sollte ich heute traurig darüber sein? Zudem war ich nicht der einzige bei Hüsker Dü, der drogenabhängig war. Das Ganze wurde aufgebauscht, um die Band zu sabotieren.“
Mit seinem Ex-Kollegen Bob Mould scheint Hart Frieden geschlossen zu haben und erklärt lakonisch: „Ich weiß, dass Bob viel mehr kann als das, was wir heute von ihm hören. Er ist langweilig geworden. Ich gehe ihm einfach aus den Weg. Wenn man nicht vergeben kann, muss man eben versuchen zu vergessen.“ Demzufolge kann der irgendwie von der Musikindustrie vergessene Hart auch mit dem ungleich größeren Erfolg seines Pendants gut leben. Es gebe Tausende solcher Ungerechtigkeiten auf der Welt und er fühle sich nicht benachteiligt, sondern recht glücklich. Doch der verschrobene Hart wäre nicht er selbst, fiele ihm zu Deutschland nicht noch eine skurrile Anekdote ein: „Mein Ur-Ur-Großvater ist nahe dem Hamburger Hafen ertrunken. Er hat seine Tochter in ein Schiff nach Amerika gesteckt und ist dann hinterher geschwommen. Leider hat er die Staaten nie erreicht. Sehr romantisch eigentlich.“