Uschi Obermaier und Jimi Hendrix: Der Außerirdische wohnt im Kempinski
Die 68er-Ikone Uschi Obermaier erinnert sich, wie sie Jimi Hendrix in die Kommune 1 schleppte.
Mit der Zeit vergisst man ja viel von dem, was passiert ist. Aber die Begegnung mit Jimi ist immer noch sehr präsent und lebendig. Er ist geblieben, weil er so ein außergewöhnlicher und sanfter Mensch war. Ich habe ihn im Januar 1969 kennengelernt. Bei uns in der Kommune 1 war ja alles sehr freizügig, und die Eifersucht war offiziell abgeschafft worden. Aber ich bin eifersüchtig wie die Hölle, wenn ich jemanden liebe. Und als der Rainer (Langhans) wieder mit einem Mädel rumgemacht hat, habe ich gedacht, na, das kann ich auch.
Als ich dann erfahren habe, dass Jimi in der Stadt ist, bin ich einfach ins Hotel Kempinski, wo er abgestiegen war. Da war viel los, aber als er die Treppe runterkam, ist er gleich auf mich zugegangen, hat meine Hand genommen, und wir sind hoch in sein Zimmer. Das mit dem Kennenlernen hat eigentlich immer gut geklappt bei mir, weil ich auch ganz gut aussah. Und die Typen waren immer ganz begeistert. Aber mit Jimi war es etwas Besonderes. Er war so sanft, hat eher geflüstert als gesprochen und sich katzengleich bewegt. Außerirdisch. Da dachte ich, so wie man früher seinen Schwarm den Eltern vorgestellt hat, stelle ich Jimi jetzt meiner Kommune vor, und hab ihn mitgenommen. Aber die waren nicht nett zu ihm. Vor allem der (Dieter) Kunzelmann, dieser Giftzwerg, hat ihn gleich angegriffen. Wir sind dann schnell wieder gegangen, aber das Auto, mit dem wir gekommen waren, ist nicht angesprungen, und wir sind dann bei klirrender Kälte Arm in Arm zu Fuß zurück zum Hotel.
„Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mir gewünscht, ich wäre älter und erfahrener und wüsste, was man in so einer Situation sagt“
Kurz darauf wollte ich Jimi in London besuchen, aber er war nicht da. Ich war nur in seiner Wohnung und habe sein Himmelbett gesehen. Dann kam ein Brief von ihm. ‚I hope you still remember me‘, hat er geschrieben – so bescheiden war er. Und er hat geschrieben, dass er sich in Berlin gerne noch länger mit meinen Mitbewohnern unterhalten hätte – sehr höflich von ihm, obwohl die ja so gar nicht nett zu ihm gewesen waren.
Ich habe dann nicht auf den Brief geantwortet, weil mein Englisch nicht besonders gut war, und die Geschichte ist dann leider versandet. Aber ich war ein Jahr später beim Festival auf Fehmarn und habe ihn im Hotel getroffen. Doch da war er ein anderer Mensch geworden, wie hinter einer Glaswand kam er mir vor. Ich konnte nicht zu ihm durchdringen. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mir gewünscht, ich wäre älter und erfahrener und wüsste, was man in so einer Situation sagt.
Bei seinem Auftritt war ich dann auch auf der Bühne und habe zugesehen. Aber auch das war eine Enttäuschung. Die Stimmung war mies, alle Auftritte hatten sich verspätet, es hatte geregnet, alle standen im Schlamm und waren aggressiv und gereizt. Der Traum war vorbei. Und ein paar Tage später war Jimi tot.