Unglaubliches Glück
Vom Erfolg seines Solo-Debüts ist Gitarrist Carl Carlton selbst überrascht, stand das Werk doch anfangs unter keinem guten Stern
Carl kann sein Glück noch immer kaum fassen. Da hat aber auch wirklich alles geklappt im letzten Jahr, dem gebürtigen Friesen schien sozusagen sogar nachts die Sonne. Und jetzt geht das weiter so. „Heute steht unser Album plötzlich aufPlatz 42, ich finde das einfach bloß unglaublich.“ Nicht, dass Carl Carlton dem ersten Solo-Werk keine profunden Qualitäten unterstellen mag, „aber, Mensch, so Rock’n’Roll ist ja nun nicht unbedingt der letzte Trend!“ Danach fallen dem Gitarristen und Sänger noch etliche Gute-Fee-Geschichten zur Entstehung von JRevolution Avenue“ein. Wir fangen trotzdem lieber mit der Einstiegs-Pointe ein. Da sah nämlich noch alles nach Desaster aus.
Woran der Carl allein schuld war, und das weiß er auch. „Mein erster Nervous Breakdown“, kann er heute lachen über jenen Tag in Barcelona. „Die Jungs waren vorgeflogen nach New Orleans. Und dann klauen die mir am Airport die Tasche.“ Mit Pass und nagelneuer Kamera, mit den 6500 Dollar für die Produktion in bar und mit allen Lyrics. ,JDa war ich fertig. Fix und fertig.“ Und jetzt stehen Credits für eine Dorothea im Booklet. Das ist die junge Dame von der deutschen Botschaft, die Carl einen Ersatz-Pass ausstellte. „Die hat mir einfach geglaubt Unglaublich.“
Dann fing die Glücksträhne an. Zuerst muss er null Mark fürs Studio berappen, „wir haben nur die Ingenieure bezahlt“. Dann schenkt ihm Ron Wood, sein Nachbar in der Wahlheimat Dublin, zwei hübsche Songs, und schließlich schneit Levon Helm, schwer krebskrank, aber fit herein „und will doch tatsächlich mitmachen. Im alten Saab ist der Kerl von Arkansas angereist, das Schlagzeug im Kofferraum“.
Und jetzt hat Carl Carlton endlich genau das Album aufgenommen, das ihm so lange schon im Kopf herumschwirrte, „und die Leute mögen das sogan Alle bisher, sogar die beim Radio.“ Es ist aber auch schön geworden. Klingt wie ein amerikanischer Bilderbogen, manchmal mit Bildern aus den Sixties, aber nicht zu sehr nach Nostalgie, sondern nach ganz viel Spaß.
Am Nachbartisch lacht sie jetzt sehr laut, die Band. Bertram Engel und „Wizzard“ Seay und Moses Mo Moore. Sonny Landreth. Helm und Garth Hudson sind in Amerika geblieben, „und wenn jetzt Ian McLagan hier wäre, müsstest du taub nach Hause gehen. Cheers!“ Carl der Große prostet ein bisschen auch sich selbst wohl zu. Was ihm jeder von ganzem Herzen gönnt. Und für seine Vorgeschichte ist nun leider kein Platz mehr. Die kann man aber unter dem Stichwort „Gitarrist bei Peter Maffay“ nachschlagen.