Ultrasound, fünf Individualisten mit schönen Liedern
Einer trägt Bart, einer Glatze, drei vermutlich gar Toupets. Den Baß spielt eine dicke Frau, und der Sänger sieht aus wie eine miesgelaunte Transe mit Übergewicht. Nein, Ultrasound passen nicht ins Klischee der netten Britpop-Bubis mit den flotten Beatles-Liedern. Auf der soeben erschienenen Debüt-Doppel-CD klingt das Quintett als sei’s in den Siebzigern in eine Zeitmaschine geraten und aus Versehen in der Gegenwart gelandet: „Everything Picture“ ist eine Hommage an the golden age of progressive rock: The Who, Van Der Graaf Generator, ein kleines bißchen von „Dark Side 0f The Moon“, Velvet Underground, aber auch Einflüsse von Sonic Youth und Suede kann man heraushören. Vor allem aber gibt es wunderschöne Lieder wie „Stay Young“, oder „Suckle“.
„Unsere Musik ist wie ein Mülleimer, in dem sich aus Abfallen etwas Neues, Reines formt“, sagt Gitarrist Richard Green sanft. Für ihn ist Popkultur ein Land der Wunder und Mythen: Wenn er von einer Oasis-Autogrammstunde erzählt, glaubt man, da sei ihm die Jungfrau erschienen: „Liam war ganz in Weiß gekleidet, er schien von innen zu leuchten. Um ihn durchzulassen teilte sich die Menge wie auf ein geheimes Kommando. Nicht weil er Star war, sondern wegen seiner Aura.“
Den Schwärmereien Greens lauscht Andrew „Tiny“ Wood, der dezent geschminkte Sänger, eher gelassen. Seine massigen Oberschenkel sprengen fast die Hose, und unter dem knallengen Lurexhemd wölbt sich ein stattlicher Wanst Er ist gewiß nicht schön, aber er besitzt Würde und Humor. Gern sagt er Dinge wie: „Wenn Cowboyboots verboten wären, dann würden wir sie anziehen.“ Woods ist ganz sicher nicht der tumbe „Indie-Meat-Loaf-Trottel“, als den ihn der „NME“ darstellte. Für eine Titelstory mußte sich die Band verkleiden – als Könige und Meerjungfrauen: „Eine verdammte Freakshow“, ärgert sich Woods noch heute.
Dabei sind Ultrasound eher individualistische Querköpfe, die sich nichts vorschreiben lassen. Höchstens der Rat des Psychotherapeuten wird befolgt, denn alle gehen regelmäßig zur Therapie. Greens Definition der Band-Philosophie hört man es an: „Bist du mit dem Chaos konfrontiert, dann fühlst du dich hilflos. Um dann nicht zu verzweifeln, hast du nur eine Option: Du mußt alles tun, um dich zu behauptenes geht darum, es wenigstens versucht zu haben. Davon handeln unsere Songs.“
Mit „Everything Picture“ hat es diese beachtliche neue Band nicht etwa nur „wenigstens versucht“ – Ultrasound haben voll ins Schwarze getroffen.