Überfälle, Ratten, Hipster – Urlaubstipps per Fernsehserie
Rolling-Stone-Redakteurin Birgit Fuß beschreibt ihre liebsten Serien-Standorte
Wenn im Frühstücksfernsehen selbsternannte „Grill-Experten“ anfangen, wertvolle Tipps für saftiges Fleisch und gegen den drohenden Krebs geben, weiß man, dass der Sommer vor der Tür steht. Noch lässt ihn Deutschland nicht rein, aber man kann sich ja schon mal nach potenziellen Urlaubszielen umsehen – zum Beispiel in aktuellen Fernsehserien. Leider kommen das bezaubernde Südstaatenkaff Bluebell („Hart Of Dixie“) und das noch magischere Bon Temps („True Blood“) nicht in frage, sie existieren gar nicht. Andere Serien-Standorte allerdings schon – meine Favoriten:
New York City ( „2 Broke Girls“)
Ort: Brooklyn, nicht Manhattan. „Gossip Girl“ ist vorbei, jetzt übernehmen die coolen Mädchen die Stadt und rücken Williamsburg in den Mittelpunkt, obwohl der Hype doch schon wieder vorbei ist – was sich auch im Cupcakeladen von Max und Caroline zeigt: Die Kundschaft bleibt aus. Von der Stadt sieht man eher wenig, weil die beiden Frauen so beschäftigt sind, aber die klassische NYC-Einstellung prägt jede Folge: If you can make it there …
Klima: Im Sommer zu heiß, im Winter zu kalt – nichts für Weicheier. Also perfekt.Gefahrenpotenzial: Groß. Überfälle, Ratten, Hipster – das muss man schon aushalten können.
Spaßfaktor: Mindestens ebenso groß – wenn man die horrenden Mieten und die miesen Zukunftsaussichten ignoriert.
Realitäts-Check: Zwar wird hier – anders als bei „Girls“ – richtig gearbeitet, aber ein bisschen zu lauschig scheint es doch zu sein. Im Herbst gibt‘s trotzdem (oder deshalb) eine dritte Staffel.
Hamptons („Royal Pains“)
Ort: Wenn Dr. Hank Lawson an perfekten grünen Wiesen und perfekten weißen Stränden vorbeifährt, um in irgendeiner perfekten Riesenvilla durchgedrehte Privatpatienten zu behandeln (natürlich brauchen sie oft eher Zuneigung als Tabletten), dann weiß man, warum die Hamptons das teuerste Naherholungsgebiet New Yorks sind. Beim Dreh wird allerdings etwas geschummelt: Vieles findet in anderen Teilen Long Islands statt. Die Hamptons sind halt zu teuer!
Klima: Angenehm, natürlich.
Gefahrenpotenzial: Gering. Zwar sind dauernd Leute krank (Reitunfälle, missglückte Schönheits-OPs, Drogen – was man als Millionär so hat), aber auch das Leiden sieht in den Hamptons schicker aus als anderswo.
Spaßfaktor: Mit dem entsprechenden Geldbeutel, den richtigen Klamotten und Kontakten riesig.
Realitäts-Check: Das Schöne an „Royal Pains“, das bald in die fünfte Saison geht, ist ja, dass es nicht realistisch wirkt (es regnet auch so gut wie nie). So muss man nicht mitleiden, sondern kann sich über die lustigen Dialoge freuen – und die gigantischen Villen, die Swimmingpools, die Strände…
Everglades („The Glades“)
Ort: Detective Jim Longworth (Matt Passmore) klärt seine Fälle im Süden Floridas auf. Die Everglades spielen zwar selten eine Hauptrolle, aber die Gegend wird immer hübsch in Szene gesetzt – keine Folge ohne Palmen, die sanft im Wind wogen.
Klima: Sonnig. Wenn nicht gerade ein Hurrikan aufzieht.
Gefahrenpotenzial: Eher groß – dauernd werden Leute erschossen, erstochen oder sonstwie ermordet. So hatte der Polizist, der aus Chicago strafversetzt wurde, sich das nicht vorgestellt.
Spaßfaktor: Ziemlich groß, wenn man nicht auf dem Leichentisch des sympathischen Pathologen Carlos Sanchez liegt.
Realitäts-Check: „The Glades“ wird tatsächlich nur in Florida gedreht – und zeigt nicht nur die rausgeputzten Touristen-Plätze. Das kommt an (oder es liegt doch an Passmores hübschem Gesicht?): In den USA läuft schon die vierte Staffel.
Lillehammer („Lilyhammer“)
Ort: Wie im Reiseprospekt sieht Lillehammer hier aus: Der traumhafte Panoramablick auf die Stadt, die beeindruckenden Sportstätten, die niedlichen Häuschen – da fühlt sich sogar ein ehemaliges Mafia-Mitglied wohl. Wenn Steven Van Zandt durch die heimeligen Gassen schlurft, möchte man ihn sofort begleiten. Natürlich eröffnet er dann auch noch eine Bar – genau, was Lilyhammer braucht.
Klima: Kalt, sehr kalt. Aber es gibt ja Norwegerpullis.
Gefahrenpotenzial: Gestiegen, seit Van Zandt in der Stadt ist. Aber die Kleinkriminellen sehen so harmlos aus wie die Polizei.
Spaßfaktor: Auch gestiegen, seit Van Zandt in der Stadt ist. Aber der Alkohol ist zu teuer.
Realitäts-Check: Die kulturellen Unterschiede zwischen dem abgezockten New Yorker und den naiven Norwegern sind vielleicht etwas übertrieben, aber höchst amüsant. Die Liebeswürdigkeit der Stadt wirkt glaubhaft: Die zweite Staffel wird gerade gedreht.
Santa Barbara („Psych“)
Ort: Schon das Police Department, in dem Shawn Spencer – angeblich hellsehender Detektiv, tatsächlich nur scharfer Beobachter – regelmäßig Chaos anrichtet, sieht extrem putzig aus. Und ganz Santa Barbara wirkt wie ein Modell: So schön kann eine Kleinstadt sein!
Klima: It never rains in California.
Gefahrenpotenzial: Eher beschränkt, solange man Shawn und seinem Kumpel Gus nicht im Weg steht, wenn sie versuchen, einen Fall zu lösen. Die beiden können etwas ungeschickt sein.
Spaßfaktor: Sehr hoch, solange nicht der miesepetrige Oberpolizist Lassiter auftaucht.
Realitäts-Check: Betrug! „Psych“ wird in British Columbia, Kanada gedreht, vor allem in White Rock – von einigen Außenansichten abgesehen. Umso erstaunlicher, wie gut die entspannte Kalifornien-Atmosphäre eingefangen wird. In den USA läuft gerade die siebte Staffel, in Deutschland tut sich die Mischung aus Krimi und Comedy allerdings etwas schwer.
Las Vegas („CSI: Vegas“)
Ort: Es leuchtet, blinkt, zuckt, bimmelt und klingelt, die ganze Nacht hindurch: Das muss Las Vegas sein. Als Kulisse natürlich sensationell.
Klima: Wüst. Immer zu heiß, außer in der Leichenhalle.
Gefahrenpotenzial: Übergroß. Da kann auch Ted Danson nichts ausrichten.
Spaßfaktor: Überlebensgroß, falls man nicht gerade tot ist.
Realitäts-Check: „CSI: Vegas“ wird überwiegend in Los Angeles gedreht, aber ein paar Außenaufnahmen und das legendäre CSI-Licht reichen, um Wüstenatmosphäre zu suggerieren. Das Leben als Glücksspiel – funktioniert seit 14 Staffeln.
Nashville („Nashville“)
Ort: In „Nashville“ geht es natürlich vor allem um die dortigen Country-Hotspots: Das „Bluebird Cafe“ gibt es tatsächlich, die eleganten Anwesen außerhalb des touristischen Zentrums auch.
Klima: Warm, wenn man nicht gerade im Büro eines eiskalten Plattenfirmenbosses steht.
Gefahrenpotenzial: Durchschnittlich, wenn man nicht gerade von jüngeren, aufstrebenden Sängerinnen gemobbt wird.
Spaßfaktor: Kommt darauf an, wo man sich aufhält: in der Touri-Bar, im düsteren Studio oder im Garten der eigenen Mansion. Und ob gerade einer der Gaststars vorbeischaut: Wyclef Jean, Vince Gill oder Dan Auerbach …
Realitäts-Check: Ehrgeiz, Intrigen und Machtspielchen wirken plakativ, aber überzeugend, der Soundtrack von T Bone Burnett auch. Doch die Touristenmassen, die normalerweise durch Nashville stampfen, sieht man eher selten – vielleicht eine gute Idee: Eine zweite Staffel wurde gerade bestellt.
München („München 7“)
Ort: Warum immer in die Ferne schweifen? Die Polizisten Xaver und Felix ermitteln rund um den Viktualienmarkt – malerischer geht‘s kaum.
Klima: Mild, wenn nicht Föhn und damit Münchner Grant herrscht.
Gefahrenpotenzial: Äußerst gering, wenn man nicht der Nervensäge Christine Neubauer begegnet.
Spaßfaktor: Enorm, wenn einen der Lokalpatriotismus und der großkopferte Starrsinn nicht stören. Sche is scho!
Realitäts-Check: So gemütlich wie in Franz Xaver Bogners Serie kann‘s nicht mal in bayrischen Polizeirevieren zugehen, aber man schaut „München 7“ ja nicht, weil die Fälle so wirklichheitsnah sind, sondern wegen der wunderbaren Charaktere – und wegen des sensationellen Andreas Giebel.