Über Bush-Witze, die intellektuelle Hörer witzig finden, können viele im Country- Publikum nicht recht lachen. Darum wurden CDs der Dixie Chicks plattgewalzt
Wenn der selbst ernannte schlaue weiße Mann und „Bowling For Columbine“-Regisseur Michael Moore etwas sagt, ist es immer Satire – weshalb sich die Dixie Chicks gar nichts kaufen können für die lobende Erwähnung in Moores Oscar-Dankrede. „Schämen Sie sich, Mister Bush“, hat er gesagt, wenige Tage nach den ersten Luftbomben auf Bagdad, „wer wie Sie den Papst und die Dixie Chicks gegen sich aufbringt, dessen Zeit ist bald abgelaufen!“ Es ist nicht gut, ungefragt in einem Atemzug mit dem Papst genannt zu werden. Außerdem: Nicht nur der Pressedienst des Pentagon fand den Auftritt des Bestsellerautoren berechenbar und peinlich.
Exakt das Gegenteil gilt für den Dixie Chicks-Skandal auf den Moore anspielte. Beim London-Konzert am 10. März hatte Sängerin Natalie Maines (die aus Lubbock/Texas stammt) einer Ansage hinterhergeschickt: „Ich schäme mich, dass der Präsident der Vereinigten Staaten auch Texaner ist.“ Dem Pop-Publikum waren ja schon die Ohren taub von den Anti-Kriegs-Adressen von George Michael, Eddie Vedder und anderen großen Meinungsmachern trotzdem war der mädchenhaft herausgeplapperte Scherz der Country-Bluegrass-Frauen der einzige Kommentar, der ein bisschen Aufruhr brachte. So, wie das Weiße Haus wohl bald mit amerikanischer und nicht mehr mit deutscher Wandfarbe renoviert wird, warfen einige Country-Sender (offenbar vom regierungsnahen Radio-Imperium Gear Channel Communications dazu angehalten) die Chicks aus ihrer Playlist, ließen CDs öffentlich plattwalzen. Ein Hörer empfahl sogar, Maines ins Arbeitslager zu stecken.
Während der Deutschland-Reise der Band blieb Natalie Maines zu diesem Thema radikal stumm. Unbeteiligt massierte sie sich die Füße, wenn Kollegin Martie Seidel erklärte: „Wir kennen die Zahlen. Zu den CD-Zerstörungen kamen nie mehr als hundert Leute, zur gleichen Zeit haben wir aber 17 000 Konzertkarten verkauft.“ Was beweisen soll, dass alles nur eine Bagatelle ist, sagt freilich das Gegenteil. Die Dixie Chicks, deren Kernpublikum konservativ ist, können sich keine demonstrative Anti-Bush-Haltung leisten. Michael Moore verkauft so wohl mehr Bücher, bei den Chicks hätte es andersrum sein können.