U2 triumphieren beim Auftakt ihrer Welttournee
In Vancouver begann die "Innocence + Experience"-Tour mit einem Mix aus Hits und Überraschungen - und einer sensationellen neuen Bühne.
Es war 20.10 Uhr, als die Lichter in der ausverkauften Rogers-Arena von Vancouver erloschen und „Beat On The Brat“ von den Ramones erklang. Der langerwartete Start der „Innocence + Experience“-Tour! U2 begannen mit „The Miracle (Of Joey Ramone)“ – unter einer kleinen Glühbirne, die einsam von der Decke hing. Sie sollte an Bonos Kinderzimmer erinnern.
Verbeugung vor der Musikwelt
[artist]Nach der gigantischen Bühne der letzten Tournee, auch „Spaceship“ genannt, wollen sich U2 diesmal weiterentwickeln, indem sie zurückgehen. Sie verbeugen sich vor der Musik, die sie selbst zum Musikmachen inspiriert hat, und vor den Orten, an denen das passiert ist.
Wie zum Beweis folgte „Out Of Control“, die Debütsingle von 1980. „Wir sind eine Band aus dem Norden Dublins namens U2“, erzählte Bono dem Publikum – als wäre er auf Zeitreise. „Dies ist unsere erste Single, Take it, The Edge!“ Noch war keine Leinwand eingeschaltet, so dass zumindest die ersten Reihen sich fühlen konnten, als sähen sie U2 in einem kleinen Club in Dublin vor 35 Jahren.
https://www.youtube.com/watch?v=GIv6x4f2owU
Mit „Vertigo“ stieg die Euphorie, dann kam wieder ein frühes Stück („I Will Follow“), bevor Bono mit „Iris (Hold Me Close)“ an seine verstorbene Mutter erinnerte. Zwischen der Haupt- und der Nebenbühne gibt es einen Catwalk, über dem gigantische LED-Bildschirme hängen – sie zeigten nun Fotos von Iris Hewson und ein Video des jungen Bono.
Vergangenheit und Gegenwart prallen aufeinander
„Diese Nacht dreht sich um erste Erfahrungen“, so der Sänger. „Wir wollen nicht zu lange in der Vergangenheit verweilen – man hat mir gesagt, das ist nicht gut -, aber wenn man überhaupt nicht in die Vergangenheit zurückgeht, bleibt man am Ende darin stecken. Also besuchen wir die Vergangenheit ein paar Minuten lang.“
Die Reise ging mit „Cedarwood Road“ weiter und mit Bonos Liebeslied für seine Frau Ali, „Song For Someone“. Auf der Leinwand sah man den jungen Bono klampfend unter Clash- und Kraftwerk-Postern sitzen, auf der Bühne sang der heutige Bono aus voller Kehle. Vergangenheit und Gegenwart prallten aufeinander, wie so oft an diesem Abend.
Danach schnallte sich Larry Mullen Jr. eine Trommel um, als wäre er in einer Marschkapelle und begann, das berühmte Intro zu „Sunday Bloody Sunday“ zu trommeln, während er den Catwalk entlangging. Das neue Arrangment war langsamer, mit Edge an der akustischen Gitarre und Adam Clayton am E-Bass.
Die Wut des Originals wich einem leiseren Schmerz. Dazu passte dann „Raised By Wolves“, ein neues Stück über den Nordirlandkonflikt. Am Ende des Stücks fiel Bono tatsächlich auf die Knie, um Frieden betend.
Das innovative neue Soundsystem, bei dem die Lautsprecher gleichmäßig über die komplette Halle verteilt werden, ist brillant: Statt alle frontal wegzublasen, klingt die Akustik viel klarer und schärfer, sie schließt keinen aus. Das sollte der neue Stardard für große Bands werden.
Die Bühne nimmt die ganze Arena ein
U2 machten mit „Until The End Of The World“ weiter, für das sich Bono wieder zur kleineren Bühne bewegte – er verbrachte den Großteil des Abends dort und auf dem Catwalk, was für die Fans, die stundenlang angestanden hatten, um in der ersten Reihe zu stehen, wohl nicht so erfreulich war – sie mussten sich dauernd den Hals verrenken. Hinweis an künftige Konzertbesucher: Macht Euch nicht zu viele Gedanken um Euren Platz. Es gibt keine schlechten Karten, weil die Bühne die ganze Arena einnimmt.