U2: Die 20 meistunterschätzten Songs
Dies sind die 20 vergessenen Songs, die die Band live wieder ausgraben sollte.
11. „Falling At Your Feet“ (aus „The Million Dollar Hotel“ 2000)
Fungiert als Solostück von Bono und Daniel Lanois, klingt aber wie klassisches U2. Oder wie ein sehr guter Song von Simon and Garfunkel. Im Fernsehen präsentierten Bono und Lanois das Lied gemeinsam mit U2, auf Konzerten dürfte es auf seine Premiere noch warten.
So wie „Salome“ ein klassischer Fall für den Akustik-Teil in der Set-Mitte, allerdings erhoffen Fans sich da eher Party-Hits im Lagerfeuergitarren-Arrangement.
12. „One Step Closer“ (aus „How To Dismantle An Atomic Bomb“, 2004)
Bei ihrer „Vertigo“-Tour schöpfte die Band aus ihrem mittlerweile beträchtlichen Backkatalog. Freute man sich bei der „Popmart“-Tour von 1997 auf „I Will Follow“, gingen U2 nun noch weiter zurück, entstaubten „An Cat Dubh“, „Into The Heart“ oder „The Ocean“. Nur dieser aktuelle Song, dessen Flächigkeit an den „Zooropa“-Track „The First Time“ erinnert, geriet dabei in Vergessenheit, wurde noch nie aufgeführt.
Wie das auch auf dem „Atomic Bomb“-Album enthaltene „Sometimes You Can’t Make It On Your Own“ ist dieses Lied Bonos Reflektion über den verstorbenen Vater. Der Titel stammt von Noel Gallagher, der Bono auf die Frage, ob Gott existiere, antwortet: Dein Vater sei nun „One Step Closer To Knowing“.
13. „White As Snow“ (aus „No Line On The Horizon“, 2009)
Wer es bis zu Song acht, „Fez – Being Born“, geschafft hatte und den überlebte (oder noch schlimmer, wünscht sich irgendjemand, „Stand Up Comedy“ je live zu hören?), der stieß auf das kalt-klirrende „White As Snow“. Die US-Kollegen nannten es wunderschön „alpin“.
„Where I came from were no hills at all“, setzt Bono an. „The land was flat, the highway straight and wide / My brother and I, we’d drive for hours“. Es klingt wie eine biografische Notiz, die auch auf der späteren Irland-Retrospektive „Songs Of Innocence“ gut aufgehoben wäre. Tatsächlich singt er von den letzten 4 Minuten und 41 Sekunden im Leben eines Soldaten im Afghanistan-Einsatz. In der Mega-Kraken-Stadiontour von 2009 war für diese Intimität leider kein Platz.
14. „Soon (Kingdom Of Your Love)“ (2009)
Das „No Line On The Horizon“-Outtake lief als Einspieler auf der „U2 360“-Konzertreise und war danach als 7-Inch-Single in der Deluxe-Box des Tourmitschnitts erhältlich. Die im Chor geschmetterten Lyrics, „Sing yourself on down the street / Sing yourself right off your feet / Sing yourself away from victory / And from defeat“ erinnern an den Agit-Rock von „War“.
Das nordafrikanisch anmutende Arrangement wiederum deutet an, in welche Richtung das Album hätte gehen können, wenn U2 ihren Einflüssen in Marokko vertraut hätten. Stattdessen landeten auf der Platte dann Lieder wie „Fez –Being Born“, das wie Bauchtanzmusik von deutschen Jahrmärkten klingt.
15. „Boy Falls From The Sky“ (aus „Spider-Man: Turn Off The Dark“, 2010)
Die Studioversion sang der Spider-Man-Darsteller des Musicals ein, Reeve Carney. Er klang leider wie ein Emo-Barde. Allerdings wird die Geschichte der Comicfigur auch aus einer sehr jungen Perspektive erzählt. Die Version mit Bono wartet auf ihre Veröffentlichung, zumindest wurde „Boy Falls From The Sky“ von U2 schon live aufgeführt.
Es ist das perfekte Musical-Lied. In vier Minuten wird erzählt, wie der schwache Peter Parker zum Superhelden mutiert. Es gibt ein anschwellendes Orchester, Edges „Hold Me, Thrill Me..“-Signatur-Riff für Superhelden, Dramatik, die das Ende der Welt beschwört. Große, melodramatische Gefühle in eine so kurze Spieldauer zu verpacken – das ist nicht nur funktional an das entsprechende Event-Publikum gerichtet, sondern auch eine große Kunst.
16. „Sleep Like A Baby Tonight“ (aus „Songs Of Innocence“, 2014)
Viele Hörer entdecken Einflüsse von Kraftwerk in diesem eher versteckten, verstörenden Schlummerlied, dessen Live-Premiere aussteht. Die spät einsetzende Glockenspiel-artige Melodie erinnert an „Babyface“.
Der Song handelt von einem katholischen Priester, der seinen sexuellen Missbrauch eines Kindes reflektiert. Das härteste Stück auf der Comeback-Platte von 2014. In den „Innocence + Experience“-Setlists war dafür kein Platz, weil Bono da auf eher biografische Lieder fokussierte.
17. „This Is Where You Can Reach Me Now“ (aus „Songs Of Innocence“, 2014)
Auch der zweitbeste „Innocence“-Song blieb live unberücksichtigt. Mit der Platte wollten U2 alten Helden wie Gang Of Four oder The Clash huldigen, dies ist ihre Punk- bzw. Postpunk-Hommage, dem die vier Musiker sich so rhythmisch wie lange nicht mehr ausliefern.
Auch, wenn der Chor mehr nach Foals als nach Klassikern klingt.
18. „The Crystal Ballroom“ (aus „Songs Of Innocence“-Deluxe-Edition, 2014)
U2 setzten sogar noch einen drauf: Den drittbesten Song der „Songs Of Innocence“-Ära gibt es nur als Bonustrack auf der Deluxe-Edition. Ein Slow-Disco-Stück, der auch zur „Zooropa“- oder „Pop“-Ära gepasst hätte. Im Gegensatz zu „Sleep Like A Baby Tonight“ und „This Is Where You Can Reach Me Now“ spielte die Band dieses aber auch live – in der herausfordernden Set-Mitte, in der U2 die kleine Rundbühne besteigen und sonst die Feten-Klassiker wie „Desire“ oder „New Year’s Day“ brachten.
Dieses Outtake, aber auch voran gegangene Leider-Nicht-Hits wie „Magnificent“ wurden nach kurzer Tour-Premiere recht schnell wieder eingemottet.
19. „The Lights Of Home“ (St. Peter’s String Version) (aus „Songs Of Experience“, 2017)
Dieser nur auf der Deluxe-Edition enthaltene Remix versinnbildlicht die Mutlosigkeit, die U2 seit Beginn des Jahrtausends befallen hat. Die „St. Peter’s String Version“ (im Video mit einem BBC-Orchester) zeigt, wie ein Auf-Nummer-Sicher-Song wie „The Lights Of Home“ eben besser hätte klingen können.
Im Remix sind aggressive Streicher und Bono im Vordergrund, Edge und Larry setzen erst sehr spät voll ein. Es wäre eine neuartige Akzentuierung ihres Zusammenspiels gewesen, die Hörer natürlich überrascht hätte.
Und das dann als Vorab-Single raushauen! Stattdessen gibt es auf Platte den vollen, aber weichlichen Band-Sound von Beginn an. Eine verpasste Chance.
20. „Book Of Your Heart“ (aus „Songs Of Experience“, Deluxe-Edition, 2017)
Wie schon bei „Songs Of Innocence“ blieben U2 sich bei den „Songs Of Experience“ treu: Eines der besten Stücke der Aufnahmen findet sich nur auf der Deluxe-Edition. „Ask the leaf and ask the bird / Not to sing or speak a word /We are not fictitious characters / But we don’t belong to this world“.
Möglicherweise ein Liebeslied an Bonos Ehefrau Ali, auf jeden Fall ein wenig zu traurig. Auf dem regulären Album finden sich stattdessen Sentimentalitäten wie „Landlady“.