Two Gallants im Berliner Postbahnhof: Entschuldigung, wir pogen
Oftmals braucht man für einen gelungenen Auftritt nicht viel. Eine Gitarre, ein Schlagzeug, hier und da mal die Klänge einer Mundharmonika und einen zumindest meistens funktionierenden Tonabnehmer. Das bewiesen gestern Two Gallants.
Es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich dasselbe Set derselben Band an unterschiedlichen Veranstaltungsorten wirken kann. Neil Young zum Beispiel weiß das schon lange – oder eigentlich seit je her. Young springt galant zwischen verschiedenen Tempi und den vielfältig ausgelegten Titeln in seinem breiten Katalog. Je nachdem eben, wem er bei einem Auftritt gegenüber steht. Das richtige Gespür für die Vorlieben des Publikums ist da unverzichtbar.
Erst gestern schoß dieser Gedanke wieder unwillkürlich in den Kopf, als man sich Two Gallants im brachial anmutenden Gemäuer des Berliner Postbahnhofs ansah. Da war man umgeben von Menschen, die sich gerne Mal wieder die Kehle rau singen, ein bisschen wild herum springen, und, was sonst, die gelegentlich zu lang geratenen Haare hin und her schleudern wollten, die schon recht strähnig ins Gesicht fielen. Ganz gebannt starrte man auf die Bühne, wo Adam Stephens von seinem Leben sang. Mit seiner kratzbürstigen, markant-eindringlichen Stimme griff er frontal an. Am angestammten Platz prügelte Tyson Vogel mit sanfter Gewalt auf seine Drums ein und blickte immer wieder zu Stephens, um sich der richtigen Taktung absolut gewiss zu sein. Dieser Schwall an einstudierter und dennoch leichtfertiger Bühnenenergie ist umwerfend: Alles davon scheint auch ein wenig kalkuliert.
Kurz zuvor trat die Band noch im Baltic Festsaal des ROLLING STONE Weekender auf. Und im Vergleich zu diesem Auftritt zeigte sich auch, dass Two Gallants den neumodischen Ausdruck „abliefern“ richtig verstehen. Wenn man sie dabei beobachtet, wie sie zu dem schon vorbereiteten Handtuch greifen, um sich den dahin strömenden Schweiß von der Stirn zu wischen, könnte das nur in die Schiene „Rock ’n‘ Roll“ geschoben werden. Mit dem Album „The Bloom And The Blight“ holen Two Gallants nach langer Pause noch einmal so einiges aus sich heraus, hauchen dem Indie-Rock mit ihren Folk-Klängen noch ein wenig der sanftmütigen Aggressivität ein, die ihnen so gut steht. Vor den Zuschauern des ROLLING STONE Weekender setzt man auf ein wenig mehr Lässigkeit statt Härte. Das ließ dem Weekender-Publikum auch Zeit, um über den Sinngehalt der Texte zu sinnieren. Eine Variante, die durchaus gefällt.
Im Postbahnhof hatte sich die Band aber für die kreischende „‚Tschuldigung, dürfen wir pogen?“-Variante entscheiden. Zu „Ride Away“ oder „My Love Won’t Wait“, die man leider viel zu früh verballerte, hat das wunderbar funktioniert. Man hätte hier das – seit eben so getaufte – „Gaslight Anthem“-Phänomen: Live gehen diese vermeintlich ruhigeren Stücke erst mal so richtig los.
Zwischendrin ließ man sich auch nicht von „Ghosts in The Machine“ stören – kein neuer Song, sondern ein Problem mit der Technik. Die kleinen Ungereimtheiten fallen aber wahrscheinlich eher der Band selbst auf. Davon lässt man sich nicht beirren und nutzt kleine Pausen für ruhigere Stücke. „Broken Eyes“ bot sich da an. Die Entspannungsphase am Ende hat man aber auch dringend nötig gehabt. Hier kommt dann auch die Mundharmonika zum Einsatz, und Vogel kann von seinem Platz weichen und sich neben Stephens an das Mikro stellen.
Dann verlassen Two Gallants die Bühne, natürlich kommen sie für zwei Zugaben zurück. So gehört sich das.
Ein wenig schade ist das aber für To Kill A King. Als Vorband sind diese leider wirklich vergeudet. Unverschämt schön singt dieser Ralph Pelleymounter. Nach Stephens und Vogel hatte man das aber leider ein wenig beiseite geschoben. Es wäre ja aber auch zu blöd, wäre es andersherum gelaufen.