TV-Tipp: Musikfilme „Crazy Heart“ und „A Hard Days Night“ im Free-TV
Unter den Musikfilmen sind sie längst Meilensteine: Die restaurierte Fassung des Beatles-Films "A Hard Days Night" und der zweifach Oscar-prämierte "Crazy Heart" werden heute, Dienstag den 12. August, im Free-TV gezeigt.
Der legendäre Beatles-Film „A Hard Day’s Night“ – in Deutschland einst unter dem Titel „Yeah, Yeah, Yeah“ erschienen – wurde in diesem Juli zu seinem 50-jährigen Jubiläum noch einmal in restaurierter Version auf DVD, Blu-ray und auf der großen Leinwand gezeigt. Für diejenigen, die es noch immer nicht einrichten konnten, das Meisterwerk von Regisseur Richard Lester in optimierter Qualität anzuschauen, gibt es gute Nachrichten: Der Fernsehsender BR strahlt das Kino-Debüt der Beatles am heutigen Dienstag, den 12. August, im Free-TV aus. Zwar in deutscher Synchronisierung, allerdings soll es dieser dennoch gelingen, den anarchischen Witz des Originals und die respektlosen Kalauer der Liverpooler zu transportieren. Die Uraufführung des Klassikers fand einst am 23.Juli 1964 statt.
„Crazy Heart“ ist zwar weitaus jünger als „A Hard Day’s Night“, erhielt aber 2009 mit zwei Oscars sowie Grammys bereits den Ritterschlag. Das Regiedebüt des Schauspielers Scott Cooper basiert auf dem gleichnamigen Roman von Thomas Cobb und ist inspiriert von der Biografie des 2007 verstorbenen Country-Sängers Hank Thompson. RTL Nitro zeigt Schauspieler Jeff Bridges in seiner wohl packendsten Rolle als Country-Musiker Bad Blame um 20.15 Uhr.
Lesen hier die Film-Rezensionen von Rolling-Stone-Filmexperte Oliver Hüttmann und Redakteur Maik Brüggemeyer aus DAS ARCHIV: Rewind kostenfrei und in ganzer Länge.
>>> Die besten Musikfilme: A Hard Day’s Night, 1964
Kritik erschienen in der Rolling-Stone-Ausgabe 02/2004.
Dennng! Mit dem Anschlag einer Gitarre beginnt eines der wohl größten Gesamtkunstwerke der ganzen Popgeschichte. Eigentlich nur als Appetizer für neue Beatles-Hits gedacht, steht der Film „A Hard Day’s Night“, der einen (fiktiven) Blick in den Alltag der Beatles gibt, für so ziemlich alles, was Popmusik ausmacht, ist elektrisierend, lustig, romantisch, rebellisch, identitätsstiftend und rein marketingtechnisch ein oft nachgeahmtes, nie erreichtes Meisterwerk. Die Charaktere, die Drehbuchautor Alun Owen und Regisseur Richard Lesterden vier Jungs anzogen – John, der Rebell, Paul, der Charmeur, George, der stille Philosoph, Ringo, der Spaßmacher – sind noch heute Teil des populären Wissens. Die Verkörperung der eigenen Rollen hatte vor allem bei Ringo Starr und John Lennon etwas Genialisches. Dass der Soundtrack unübertroffen bleibt, versteht sich von selbst.
Killer-Szene: Die Beatles sollen bis zur nächsten Probe in ihrer Garderobe eingesperrt werden, doch Ringo entdeckt einen Notausgang, und die vier fliehen zu „Can’t Buy Me Love“ über eine Feuerleiter. Man sieht sie vollkommen irr auf einer Wiese umhertollen.
Maik Brüggemeyer
>>> Crazy Heart
Kritik erschienen im Rolling Stone 03/2010.
Der Dude ist zurück. Was Jeff Bridges in „The Big Lebowski“ allerdings völlig losgelöst als Lebenshaltung zelebrierte, verkörpert er hier brillant als Drama eines gescheiterten Mannes. Countrysänger Bad Blake ist ein Wrack. Alt, ausgebrannt, alkoholkrank und abgeschrieben. In einem klapprigen Kombi tingelt er mit seiner Gitarre durch die Provinz, spielt in Kneipen und Bowlinghallen vor kleinem Publikum, das mit ihm gealtert ist. Den ersten Whisky kippt er am Morgen in muffigen Motelzimmern, meist taumelt er betrunken auf die Bühne und verliert irgendwann die Kontrolle. Als ihn die junge Journalistin und alleinerziehende Mutter Jean (Maggie Gyllenhaal) interviewt, entsteht zwischen ihnen langsam ein zartes Verhältnis. Zudem bucht ihn sein einstiger Schützling Tommy Sweet (Colin Farrell), jetzt ein Superstar, als Support für eine Show. Blake blüht auf, bleibt aber in seiner Sucht gefangen.
Mit seinem Regiedebüt, benannt nach einem Song von Hank Williams, bedient Scott Cooper die bekannten Topoi vom tiefen Fall und der Chance auf Erlösung. Er erreicht auch nicht die Virtuosität von Darren Aronofkys „The Wrestler“ oder „Leaving Las Vegas“ von Mike Figgis. Von Untergangsstimmung ist der Film weit entfernt. Cooper und Bridges schaffen vielmehr selbstironische Sympathie für den tragikomischen Kauz, der es sich bis zum Wendepunkt ohne Bitterkeit im Abseits eingerichtet hat. Wenn Blake mit ebenfalls meist alternden Musikern seine früheren Hits spielt, schwingt ein wehmütiges Glücksgefühl mit, das bis zum Kater am nächsten Tag anhält.
Außerdem ist „Crazy Heart“ ein grandioser Musikfilm über die Mythen des Songwritings und die Magie von Konzerten. Bridges und Farrell singen sogar selbst. Ihr Auftritt auf einer nächtlichen Open-Air-Bühne ist ein elektrisierender Höhepunkt. Der Song „The Weary Kind“ von T Bone Burnett gewann ebenso einen „Golden Globe“ wie Bridges selbst.
Oliver Hüttmann