TV-Kritik „Wetten, dass ..?“: So gern sahen wir den Alten
In den Sonnenuntergang: Die wunderschöne letzte „Wetten, dass ..?“-Sendung
Für Thomas Gottschalks letztes Kommando waren nicht ALLE nach Offenburg gekommen, sondern diejenigen, die gerade etwas zu verkaufen haben. Wie zu allen Zeiten also. Es wäre so schön gewesen, wenn die Rolling Stones nicht bloß eine routinierte Videobotschaft aufgenommen hätten.
Aber die drei verbliebenen Männer von Take That sind da. Sie singen „Back For Good“, sitzen auf dem Sofa und drehen Zuckerwattte, bis sie zum Flieger müssen. Sie sind, wie man jetzt immer hört, „mit Thommy aufgewachsen“. Wie auch Matthias Schweighöfer, der eine kleine Rolle in „Oppenheimer“ spielt. Schweighöfer ist der Pate einer Wette, bei der Horst aus dem Ruhrgebiet Hähne wie Bruce Lee und Otto Waalkes am Schrei erkennt. Schweighöfer schüttet sich aus vor Lachen. Horst reüssiert.
Dannn kommen Ana Ivanovich und Bastian Schweinsteiger. Gottschalk betont Ivanovich auf der letzten Silbe. Die alte Namensschwäche. Der junge Felix mit Sehnenverkürzung rasiert auf einem Skateboard mit seinem Helm aufgestellte Flaschen, scheitert aber an der letzten Tranche. Thomas Gottschalk setzt sich zu ihm auf den Boden, Standing Ovations.
Und jetzt merkt man, dass diese Show nicht schiefgehen wird.
Helene Fischer singt mit Shirin David „Atemlos durch die Nacht“. Der Song wird nicht besser durch den Rap, und die Künstlerinnen verdoppeln ihren Glanz nicht, obwohl sie sich einig sind. David ist aber angenehm frech. Gottschalk bietet einen Auftritt in der „Helene-Fischer-Show“ als Wetteinsatz an. Ein Zitat aus „Faust“ müsse vorkommen: „Von Zeit zu Zeit seh‘ ich den Alten gern.“
Ein Hund erkennt Zahlen und deutet mit der Schnauze darauf.
Acht Männer in Stans in der Schweiz ziehen bei der sogenannten Außenwette einen Bahnwaggon mit Passagieren einen Anstieg hinauf. Diese Wette scheiterte vor 30 Jahren. Nun ziehen andere Schweizer. Die Schweizerin Hazel Brugger kommentiert ironisch. Die Wette wird gewonnen.
Stefanie Stappenbeck und Jan-Josef Liefers stellen eine Reihe vor, die „Vernau“ heißt. Die zweitberühmteste Reihe mit Jan-Josef Liefers. Gottschalk, der alte Germanist, fragt, ob man „Wernau“ oder „Fernau“ sagt. „Fernau“.
Zwei junge Frauen wollen mit Gabelstaplern ein Ladekabel applizieren. Zu kompliziert.
Und dannn kommt Cher. Sie singt ein Weihnachtslied, das ordentlich rummst und kein Weihnachtslied ist, weil der DJ darin aufgefordert wird, kein Weihnachtslied zu spielen. Eigentlich ganz lustig. Cher hat es nicht mit Weihnachtsliedern. Sie hat es auch nicht mit „Wetten, dass ..?“. Sie bleibt auf dem Sofa distanziert.
Die beste Wette kommt zum Schluss. Julia Reichert, die als Kind eine Gedächtniswette präsentierte, erinnert sich anhand von farbigen Strichcodes an 216 Wettkönige und Orte aus vergangenen Sendungen. Sie und Gottschalk sitzen in Ohrensesseln vor einem Farbfernseher, und die Kandidatin gibt dem Moderator die Gelegenheit, Döntjes zu erzählen. Böblingen, ja, da war ich. Saarbrücken, das Restaurantschiff. Und Mallorca 2010, der Bandscheibenvorfall! Julia sagt: „Wenn du weitermachst, dann lerne ich deine Geschichten noch dazu.“ Gottschalk ruft: „Die Erste, die es sagt!“ Aber im Publikum sieht man eine Pappe: „Mach’s noch einmal, Thommy!“
Jan-Joef Liefers und Stefanie Stappenbeck singen „I Got You, Babe”, Chers berühmtesten Song. Liefers spielt Gitarre. Cher hat keine Lust zum Mitsingen.
Julia, die Strichcode-Erkennerin, wird Wettkönigin. Sie umarmt Gottschalk, und er hält seltsam lange ihre Hand. Dann geht er auf Frank Elstner zu, der in der ersten Reihe steht. Er dankt dem noblen Mentor und Erfinder der Sendung, der wie stets die wärmsten Worte findet. „Ich habe nicht den Eindruck, dass ich einer letzten Sendung beigewohnt habe – sondern dem besten Gottschalk. Ich mache jetzt etwas, das ich noch nie gemacht habe: Ich umarme dich öffentlich. Und wie geht Thomas Gottschalk aus der Sendung? Er geht nicht, er fährt.“
Und zwar mit einem Bagger, auf dem Mike Krüger (Autor von „Bodo mit dem Bagger“) steht. „Ach, da ist ja noch der Mike!“, ruft Gottschalk. Er steigt auf die riesige Schaufel. „Wir fahren in den Sonnenuntergang, Mike! Da, meine Schwester! Meine Nichte!“, ruft er von oben. „Stefanie Stappenbeck! Ich weiß den Namen noch!“
Dieses wunderschöne Bild wird uns immer bleiben.
Von Zeit zu Zeit sah man den Alten verdammt gern.