TV-Fußnoten

TV-Fußnoten: „Vorstadtweiber“ – Frauenfiguren im Kreditkartenformat

Die neue Serie "Vorstadtweiber" verspottet schamlos (und etwas zu klischeehaft) die feine Wiener Gesellschaft.

„Frauenpower“ verspricht die ARD seit kurzem immer dienstags, aber das Problem der neuen Serie fängt schon mit dem Titel an. „Vorstadtweiber“ – das suggeriert einerseits die Vorhölle der „Desperate Housewives“, deren Lebenszentrum der Stadtrand ist, und andererseits soll es wohl absichtlich „gschert“ (also derb) klingen.

In diesem Wiener Villenviertel sind keine wirklich weltgewandten Frauen unterwegs, sondern solche, die es gern wären. Schicke Luder, die sich reiche Männer geschnappt haben und nun teuer dafür bezahlen.

Da haben wir zum Beispiel Maria (Gerti Drassl), deren Mann schreiend aufspringt, als sie sich auf ihn wirft, während er noch im Halbschlaf vor sich hin träumt. Die Hinweise, dass der vollbärtige Macho möglicherweise schwul sein könnte, sind nicht gerade dezent gesetzt, aber Maria merkt natürlich erst mal nix.

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Ihre ebenfalls vernachlässigte Freundin Waltraud (Maria Köstlinger) sucht indes im Jugendzimmerbett von Marias Sohn Trost, während der geheimnisvolle Liebhaber von Nicoletta (Nina Proll) wiederum Waltrauds Ehemann ist. Alle kämpfen mit, gegen oder neben wütenden Ex-Frauen, rebellierenden Kindern und Freundinnen, die gar keine sind. Sie sind verschwenderisch, oberflächlich, skrupellos – und haben nicht mal richtig Spaß dabei. Eine Schande!

„Vorstadtweiber“ macht sich lustig über die bessere Gesellschaft, die eindeutig schlecht ist – aber leider sind die Drehbücher auch nicht besonders gut. Als Caro (Martina Ebm) ihrem älteren Ehegatten gerade einen schönen Orgasmus vorgaukelt, kommt dessen Tochter ins Zimmer – und bleibt ungerührt stehen und beginnt eine Unterhaltung. Selbst der großartige Bernhard Schir, der den dann doch peinlich berührten Vater spielt, kann so eine Szene nicht retten – unglaubwürdiger geht’s nicht.

Männer kopulieren und zerstören die Welt, sonst können sie nix

Auf der Suche nach der größtmöglichen Schamlosigkeit muss Regisseurin Sabine Derflinger entgangen sein, dass kein Kind auf dieser Welt ein Elterteil beim Sex sehen will. Während die Bettszenen also allzu gewollt wirken, sind die Männermachenschaften (Korruption, Gier, Größenwahn, das Übliche halt) bisweilen durchaus amüsant.

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Gegen Schirs köstlichen Wutanfall im Auto, als er seinen bräsigen Komplizen wiederholt als „Droddl“ beschimpft und vergeblich versucht, Ruhe zu bewahren, sind all die Friseur- und Boutique-Szenen allzu schablonenhaft. Da tröstet sich die betrogene Maria mit den Worten „Überall auf der Welt herrscht Hunger und Durst, und wir sitzen da bei Waschen und Legen … Man muss immer alles relativ sehen…“, während Waltraud von einer Anwältin folgende Expertise zu hören bekommt: „Männer kopulieren und zerstören die Welt, sonst können sie nix.“ Wenn’s so simpel wär!

Auf zehn Folgen sind die „Vorstadtweiber“ angelegt, die zweite Staffel wird bereits in Österreich gedreht. Dann müssen die Frauenfiguren an Kontur gewinnen und dürfen nicht im Kreditkartenformat verharren, sonst wird die Persiflage zur reinen Klischeehuberei.

„Vorstadtweiber“ läuft dienstags um 20.15 Uhr im Ersten.

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